Dominik Schneider - Beyond Alpha
Shownotes
Burn-out, Depression und eine höhere Sterblichkeit - ist das der Preis, den Männer für eine Führungsposition zahlen müssen? Weil sie dazu erzogen wurden, immer eine Lösung zu haben, stets unter Strom stehen und ihren Führungsanspruch jederzeit verteidigen müssen? Dominik Schneider plädiert für ein Umdenken, das uns aus der klassischen Alpha-Rolle herausführt und damit nicht nur gesünder für Führungskräfte, sondern auch attraktiver für gestaltungswillige Mitarbeitende ist. Unsere Fragen an ihn:
Was charakterisiert den Alpha-Führungsstil? Was bleibt, wenn wir klassische Rollenmuster ablegen? Welche Auswirkungen hat das auf das Team? Welche Chancen eröffnen sich dadurch für Männer und Frauen in der Führung?
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[00:00:00-00:00:33|Dominik Schneider: Ich bin weit davon entfernt, alles über das Thema zu wissen oder hier das perfekte Vorbild zu sein. Was ich gemerkt habe, ist, dass ich in dem Maße, wo ich auch mir bewusster über meine Stärken war, die tatsächlich meine authentischen Stärken waren, dass mein Leadership eben auch besser und nahbarer wurde und einfach Vertrauen schaffen konnte, weil man mir eben angesehen hat, dass mich zum Beispiel Menschen tatsächlich interessieren und ich nicht nur frage, wie war dein Wochenende? Weil es so ein Reflex ist, weil man es halt so macht.
[00:00:33-00:00:37]Intro: lead:gut - Inspiration für Führungskräfte
[00:00:37-00:01:54]Tobias Kirchhoff: Hallo, ihr hört lead:gut - Inspiration für Führungskräfte, den Management Podcast vom TÜV Rheinland. Ich bin Tobias Kirchhoff, und gemeinsam mit meinen Gästen bespreche und hinterfrage ich aktuelle Leadershipkonzepte und -Ideen. In volatilen Zeiten wie diesen ist der Ruf nach starken Lenkern und Leitern laut. Um zu führen sollte es schon ein Alphamännchen sein. Stark, entschlossen, immer im Mittelpunkt, keine Gefühle und immer Vollgas. Aber ist das noch zeitgemäß? Heute sprechen wir über stereotype Führungsmuster, wie man sie erkennt, wie man sie überkommt. Beyond Alpha - Ist das der perfekte Mix? Alpha-Wolf-Power und Kuschelkatzen - Empathie? Oder könnte vielleicht mehr dahinter stecken? Vielleicht sogar einen Paradigmenwechsel im Leadership? Mein heutiger Gast hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Mein heutiger Gast ist Dominik Schneider. Dominik Schneider war lange Führungskraft in großen Konzernen wie Coca Cola, Unilever oder L`Orèal. Immer unter Strom, immer bereit, immer schnelle Entscheidungen treffen. Heute lädt er uns dazu ein, weiterzudenken. Beyond Alpha nennt er seinen Ansatz, und ich bin sehr gespannt, was er damit meint. Herzlich willkommen, Dominik!
[00:01:54-00:02:04]Dominik Schneider: Hallo Tobias, vielen Dank für die Einladung.
[00:02:04-00:02:16]Tobias Kirchhoff: Dominik, was sagst du denjenigen, die sagen, Beyond Alpha sei einfach nur ein neues Narrativ für Menschen, die es nicht schaffen, sich als echte Führungskraft, als echtes Alphamännchen durchzusetzen?
[00:02:16-00:03:22]Dominik Schneider: Da müsste ich, glaube ich, erklären, was ich mit Beyond Alpha tatsächlich meine und auf welchen Beobachtungen das fußt. Weil Beyond Alpha heißt ja nicht, sich nicht durchzusetzen, sondern Beyond Alpha heißt für mich, das Leadership, was ich lebe, an die Anforderungen der modernen Arbeitswelt anzupassen. Und da ist eben meine Beobachtung, dass sich in der Businesswelt ganz viel verändert hat, das Business diverser wird, dass einfach neue Qualitäten gefragt sind, dass der CEO der Zukunft neue Kompetenzen braucht, und die sind eben nicht mehr nur dieses typische Alpha Modell mit "Ich bin stark, ich unbesiegbar, ich bin omnipotent", und deswegen ist es wichtig, sein Leadership darauf auszurichten. Und mit mit Beyond Alpha, meine ich eben nicht better Alpha, sondern mit Beyond Alpha meine ich insbesondere diese Muster, diese stereotypen, männlichen Muster, die wir alle so sehr subtil und seit Kindheitstagen in uns tragen, zu bemerken und zu überkommen, um eigentlich sein ganzes Potenzial auszuschöpfen und sich nicht künstlich klein zu machen.
[00:03:22-00:03:35]Tobias Kirchhoff: Wenn wir über Beyond Alpha sprechen, müssen wir vielleicht im ersten Schritt erst mal über Alpha sprechen, um das zu überkommen. Du hast gerade schon von stereotypen Mustern gesprochen. Kannst du das nochmal ein bisschen erläutern? Was meinst du damit? Was sind diese Muster?
[00:03:35-00:05:01]Dominik Schneider: Ja es ist so, dass, und das gilt für Männer wie für Frauen, wir eben, sagen wir mal, in der Art und Weise, und jetzt fokussiert, sich mein Narrativ auf Männer, die Art und Weise, wie wir glauben, als Jungs früh in unserer Kindheit, aber auch als Männer agieren zu müssen, wird uns sehr subtil und ganz deutlich seit Kindheitstagen eingeimpft. Durch das Elternhaus, in dem wir aufwachsen, durch die Werbung, die wir sehen, durch Rollenmodelle in Kinderbüchern, und das hört dann eben auch nicht auf, wenn wir in den Job eintreten und wenn wir Führungskräfte werden, und da geht es dann ganz oft darum, dass die männliche Führungskraft eben körperlich stark und allwissend, omnipotent, bloß keine Gefühle zeigen und immer Vollgas geben bis über den Erschöpfungsgrad hinaus. Ich möchte eben darauf hinweisen, dass es zum einen, glaube ich, in der sich verändernden Businesswelt nicht mehr zeitgemäß ist, so zu führen, dass es aber auch für uns oder für viele von uns Männern nicht gut ist, weil es so eine Schablone darstellt, in die wir versuchen, uns reinzupressen durch den Druck, den man uns aus der Firma, aus dem Umfeld vielleicht macht, aber auch dieser innere Druck, wenn ich im Meeting sitze und glaube, ich muss zu allem eine Antwort finden und weil ich arbeite, dass ich so erschöpft bin am Freitag, dass ich gar nicht mehr beim Dinner mit Freunden zuhören kann. Also das sind so ganz tiefe Muster und Glaubenssätze, die ich eben mit diesem typischen Alpha Leadership beschreibe.
[00:05:01-00:05:26]Tobias Kirchhoff: Wann ist Dir das bewusst geworden, dass du wahrscheinlich selber auch diesen Mustern auch unterlegen bist? Weil du hast ja auch gerade gesagt, subtil, das heißt, die sind ja erst mal gar nicht an der Oberfläche, und du warst ja, 20 Jahre, ich sag mal, in so klassischen Großkonzern in der Führungsstruktur wahrscheinlich auch ein bisschen Alpha. Und wann ist dir das aber bewusst geworden: Moment mal, es müsste doch auch anders gehen.
00: 05:26-00:06:51Dominik Schneider: Ja, Heute weiß ich, dass das tatsächlich ein Thema ist, was mich seit eigentlich dem ersten Jahr meiner Berufstätigkeit und dann immer wieder begegnet ist. Also meine erste Erinnerung ist, dass mein erster Chef zum Beispiel mich nach einigen Monaten zum Feedback zur Seite genommen hat. Der hatte mich ein halbes Jahr dann beobachtet, und er hatte dann auf mich eingeredet und gesagt, Dom, du musst lauter werden, aggressiver werden, du musst jetzt in jedem Meeting so deine Marke aufdrücken und richtig da reingrätschen. Und ich, erinnnere mich, weil ich war unerfahren, und ich wollte dem genügen, dass ich in den Wochen und Monaten danach wirklich so in jedem Meeting so auf dem Stuhl saß und immer so versucht habe, so reinzugrätschen und dieses umzusetzen, was man mir mitgegeben hatte, und da sehr gestresst dabei war. Und heute, das ist 15, 20 Jahre her, weiß ich, dass, obwohl das vielleicht kurzfristig erfolgreich war, mir nicht gut getan hat, weil das gar nicht mein Modus war. Das war der Modus meines damaligen Chefs oder wie er glaubet, das mir weitergeben zu müssen. Heute weiß ich, dass ich ganz andere Qualitäten habe, die eben nicht heißen, aggressiv reinzugehen und diesem ideal zu entsprechen, und so hat mich das immer wieder auch begleitet, und es war so meine Reflexionsreise, eben zu gucken, was sind denn meine Talente, was sind meine Stärken und was zeichnet mich denn aus, wenn ich mich nicht versuche, in so ein Abziehbild von so einem männlichen Alpha Leader reinzupressen?
00: [00:06:51-00:07:03]Tobias Kirchhoff: Und gab es dann irgendwann einen Punkt, wo du gesagt hast, so nee, also gibt's ja manchmal, dass es diesen Aufsatzpunkt gibt, es schwelt schon lange, und dass es einen Punkt gab, wo du gesagt hast, jetzt muss oder will ich etwas ändern?
00: [00:07:03-00:07:39]Dominik Schneider: Nee, ich glaube, das kam einfach, ist ja ein Prozess. Also, ich finde, so Selbstreflexion, sich besser kennenlernen, war zumindest in meinem Fall eine lange Reise, die ja irgendwann mal angefangen hat, als ich den Gallup Strengths Finder entdeckt habe. So diesen Ansatz, nicht über Schwächen zu führen, sondern über Stärken. Da habe ich gelernt, was sind meine Talente, was sind meine Stärken? Und dann mit wachsender Erfahrung einfach auch das Selbstbewusstsein zu haben, auf die sich zu fokussieren, auch dazu zu stehen oder auch irgendwie die einzusetzen und sich eben nicht mehr zu versuchen, in so ein altes Stereotyp reinzupressen.
00: [00:07:39-00:07:47]Tobias Kirchhoff: Und wie war das? Also, es ist dir bewusst geworden, du willst es anders machen. Das eine ist ja die Erkenntnis und das andere, was hast du denn dann gemacht?
00: [00:07:47-00:09:28]Dominik Schneider: Also, es geht gar nicht so sehr um eine Methodik, die ich dann gemacht habe, sondern es geht darum, und das versuche ich auch mit Beyond Alpha zu sagen, es geht eigentlich darum zu entdecken, was eh in mir ist. Also in dem Moment, wo ich mich frei mache von so einer Schablone, die mir andere vorgeben, geht es eben darum zu gucken, was ist denn das authentische Ich? Was sind denn meine Stärken, was macht mich denn aus? Weil was ich dann in mir entdecke, was da noch neben diesen Alpha Ritualen steckt, das ist eben genau das, was aus meiner Sicht die moderne Arbeitswelt eben auch braucht. Also wenn man das Harvard Business Review oder Forbes liest in diesen Tagen, wenn ich mich mit Praktikern unterhalte, wie Beratern, von Egon Zehnder zum Beispiel Spiel, da ist ganz klar, dass da ein Shift in den Führungskompetenzen stattfindet, hin zu Selbstreflexion, Empathie, People Skills, Mitgefühl, und das sind alles Eigenschaften, die ja früher als "nicht männlich", und ich sage das jetzt hier in Anführungszeichen, gebrandmarkt sind. Das sind alles so Kompetenzen, die eben nicht in diesem sehr männlichen Alpha-getriebenen Führungsstil da drin stecken. Und die müssen wir für uns entdecken, die haben wir drin, die haben wir nur abgespalten oder vergessen, und wir müssen eben mutig sein, das anzubieten. Aber wir werden dadurch erfolgreicher sein, und wir werden gesünder sein, weil, das finde ich auch ganz wichtig, dieser Alpha Modus, der ist eben für viele von uns Männern auch nicht gesund. Ja, das siehst du irgendwie: Depressionsraten, die steigen, Herzinfarktraten, die doppelt so hoch sind, Lebenserwartung, die kürzer ist bei Männern. Also dieses Reinpressen in so eine Ideal-Schablone von Alpha tut vielen nicht gut, und da ist es wie eine Befreiung eigentlich, das zu erkennen und das zu überkommen.
00: [00:09:28-00:09:45]Tobias Kirchhoff: Du sprachst gerade über Glaubenssätze. Ist ja extrem schwer, an Glaubenssätzen zu arbeiten, sich dieser bewusst zu werden. Wenn du sagst, du hast selber so eine Entwicklung durchgemacht, wie hast du das gemacht, mit diesen Glaubenssätzen auch zu arbeiten bzw andere Glaubenssätze dann auch zu bekommen?
00: [00:09:45-00:11:37]Dominik Schneider: Ja, du hast total Recht, das ist total schwierig. Also seinen Modus zu verändern, ist harte Arbeit. Da habe auch ich keine magische Pille, und ich weise auch immer wieder darauf hin, dass es eben auch nicht nur eine intellektuelle Herausforderung ist. Also, wenn seinen Modus, sein Leadership, seinen Ansatz, seine Denkmuster, seine Glaubenssätze zu verändern, intellektuelle Herausforderung wäre, dann würden wir beide uns ein Buch kaufen, und dann würden wir das schon verstehen und dann umsetzen. Und deswegen ist das natürlich eine Reise, die einfach damit anfängt, aus meiner Sicht sich einfach mal bewusst zu machen, überhaupt diese Muster sichtbar zu machen. Weil ganz viele Männer, mit denen ich eben spreche, die glauben, dass sich das, was ich erzähle, an Leute wie Elon Musk richtet oder an Jeff Bezos, oder an den Chef, der mit Sachen durch die Gegend schmeißt und schreit, und da ist es dann immer ganz spannend, weil ich eben Hinweise, dass meine Ideen sind nicht für Jeff Bezos in erster Linie, sondern für dich und für mich, weil auch wir eben von diesen Mustern geprägt sind. Und dann sich zu beobachte, ich finde ganz wichtig, mit Menschen darüber zu sprechen, deine Partnerin, deinen Partner einfach auch mal zu fragen, weil man da selber oft blind ist. Ich erlebe das immer wieder, gerade letzte Woche hatte ich mit einem Geschäftsführer aus einer Agentur gesprochen, der sich für sehr nahbar und für sehr ansprechbar hielt und der sehr dankbar war, dass ihn da mal jemand darauf hingewiesen hat, der den Mut hatte, einfach zu sagen, dass das für einige Teile des Teams nicht der Wahrheit entspricht. Und einfach da in den Austausch zu gehen mit anderen Männern, mit Frauen, im privaten, im beruflichen, und sich auf den Weg zu machen und dann einfach mal zu gucken, was möchte ich denn so an Denkmustern, an Verhaltensweisen hinter mir lassen, weil die nicht mehr zeitgemäß sind, weil die mir nicht guttun, und was möchte ich entdecken? Was möchte ich dazu addieren, was ich bisher vielleicht mich auch nicht getraut habe?
00: [00:11:37-00:11:57]Tobias Kirchhoff: Das eine ist ja, dass ich zum Beispiel sage, als Führungskraft: so, ich will mich verändern oder entwickeln. Das zweite ist, gibt es für Dich Voraussetzungen in der Organisation, in der ich mich entwickeln will, die so eine Entwicklung begünstigen oder sogar eher erschweren von der anderen Seite?
00: [00:11:57-00:12:59]Dominik Schneider: Ja, also, das stimmt, das sehe ich auch so, Veränderungen in Unternehmen haben immer eigentlich zwei Aspekte. Das eine ist, eine richtige Struktur und ein Umfeld zu fassen, und das andere ist, sozusagen die Menschen zu betrachten, die in diesem Umfeld und in dieser Struktur agieren. Mein Ansatz hat den Fokus auf den Menschen. Deswegen bin ich kein Spezialist, sozusagen in dem strukturellen Teil. Was ich sagen kann, ist, dass, und das habe ich auch neulich mit einem Unternehmen diskutiert im Rahmen eines Vortrags von mir, dass zum Beispiel, wenn ein Unternehmen alleine dieses Thema "männliche Rollenmuster" mal auf die Agenda packt und einfach Stellung bezieht, dass das schon ein wichtiges Signal ist in einer Organisation. Und natürlich ist es so, Role Models sind ganz wichtig. Das heißt, wenn einfach Leader sich öffnen, sich mit dieser Arbeit zu beschäftigen, dann ist ja das tolle an so was, dass du andere dann inspirierst und motivierst, das dir gleich zu tun.
00: [00:12:59-00:13:31]Tobias Kirchhoff: An dieser Stelle machen wir eine kurze Unterbrechung, die ich für einen Hinweis nutzen möchte. Wenn ihr Fragen, Anregungen oder eigene Themenvorschläge habt, dann schreibt uns gerne eine Mail an leadgut@tuv.com oder besucht uns auf unserer Webseite tuv.com/leadgut und wenn euch unser Podcast gefällt, freuen wir uns natürlich, wenn ihr ihn abonniert oder eine gute Bewertung schreibt oder am besten beides. Das war es auch schon. Weiter geht's mit dem Gespräch mit Dominik Schneider.
00: [00:13:31-00:13:49]Tobias Kirchhoff: Du hast ja gesagt, du hast dich auf die Reise gemacht und bist dann irgendwann auch bei dir angekommen. Wie hat sich das in deinen Teams dann entwickelt, mit denen du dann zusammengearbeitet hast? Vielleicht kannst du mal so ein bisschen skizzieren, wie war das vorher und wie war es dann nachher? Wie ist das in den Teams aufgenommen worden? Wie haben die sich verändert?
00: [00:13:49-00:15:23]Dominik Schneider: Also ich muss dir erst mal widersprechen, weil du gesagt hast, ich bin angekommen, und das würde ich so nicht unterschreiben, denn ich bin jetzt kein Guru, der hier ein fertiges Modell erzählt, sondern ich bin auch jemand, der einfach sich Gedanken über dieses Thema Männer, unsere Muster und Leadership macht, und ich werde schlauer durch Gespräche mit anderen Männern oder mit Menschen generell, und so entwickelt sich das weiter, und ich bin weit davon entfernt, alles über das Thema zu wissen oder hier das perfekte Vorbild zu sein. Was ich gemerkt habe, ist, um dann aber doch auf deine Frage zurückzukommen, ist, dass ich, das erscheint mir auch ganz natürlich in dem Maße, wo ich auch mir bewusster über meine Stärken war, die tatsächlich meine authentischen Stärken waren, dass mein Leadership eben auch besser und nahbarer wurde und einfach Vertrauen schaffen konnte, weil man mir eben angesehen hat, dass mich zum Beispiel Menschen tatsächlich interessieren und ich nicht nur frage, wie war dein Wochenende, weil es so ein Reflex ist, weil man es halt so macht, oder weil das auch für mich sehr entspannend, aber auch für mein Team ein großes Signal war, wenn ich im großen Meeting mal zugeben konnte, dass ich nicht alles besser weiß, und wenn ich mal meine Spezialistinnen zu Wort hab kommen lassen, weil das ist eben auch so, diese Muster sind eben dieses "Ich muss alles wissen. Ich muss immer Vollgas geben" und da einfach für mich Wege zu finden, einfach auch mal zu sagen, ich weiß es nicht, oder andere Themen zu finden neben der Arbeit, die mich aufladen, und nicht 60, 70 Stunden nur zu buckeln. Ja, das war für mich wichtig.
00: [00:15:23-00:15:32]Tobias Kirchhoff: Und wie ist das dann von deinen Teams aufgenommen worden? Sind die dann befreiter gewesen? Waren die Kreativer? Was hat sich da verändert?
00: [00:15:32-00:16:14]Dominik Schneider: Ich glaube, dass sowieso in den letzten Jahren, der Wille von Menschen, insbesondere jungen Menschen, Arbeit, nicht nur als "ich gehe dahin und verdiene da mein Geld", sondern "ich möchte da auch als Mensch gesehen werden. Ich möchte mich da einbringen, und ich möchte auch respektvoll behandelt werden und gesehen werden für den Menschen, der ich bin", das nimmt ja sowieso zu, und das ist dann auch eine Erfahrung, die ich dankenswerterweise machen konnte, glaube ich, dann einfach viel Zeit auch zu investieren, eben den Menschen hinter der Aufgabe kennenzulernen und da mein Leadership zu finden, und eben keines, was von oben doziert und was von oben nur Ansagen macht, sondern die Leute halt versuchen mitzunehmen.
00: [00:16:14-00:16:15]Tobias Kirchhoff: Und das ist dir gelungen?
00: [00:16:15-00:16:38Dominik Schneider: Das kann man ja so nicht sagen, da würde ich jetzt über viele Jahre mit einem Wort urteilen. Ich glaube, dass ich für mich da einen Weg gefunden habe, wie ich so bei mir war und wie man, glaube ich, sagen konnte, so, das macht mich aus. Aber auch da wird es dir nicht gelingen, mir irgendwelche finalen oder perfektionistischen Aussagen zu entlocken. Das wäre ja unseriös.
00: [00:16:38-00:16:58]Tobias Kirchhoff: Da ist auch gar nicht Ziel und Zweck der Frage. Ist dieses Thema Alpha ein aussterbendes Thema? Oder anders gefragt, ist es auch ein altersspezifisches Thema, also dass ältere Führungskräfte viel stärker dazu neigen und dass jüngere Führungskräfte offener sind? Oder ist es altersunabhängig?
00: [00:16:58-00:18:18[Dominik Schneider: Meine Antwort wäre ja und nein, weil ich auf der einen Seite schon sehe, dass natürlich die junge Generation, die in die Unternehmen reinkommt, mit einer anderen Selbstverständlichkeit und einem anderen Wertesystem in die Unternehmen kommt. Und es ist ja total klar, dass dann eben eine Generation reinkommt, die auf dieses hierarchische, rein Profitgetriebene Ansage - Modell da Probleme hat. Insofern Ja. Nein insofern, als dass ich zum Beispiel, wenn man sich die Startup-Szene oder die Tech-Szene anguckt, wo ja sehr viele junge Unternehmer unterwegs sind, dass da aus meiner Erfahrung diese Stereotype vom immer starken Leader, der Ansagen macht und der bis irgendwie morgens arbeitet und so, erstaunlich vital noch sind, obwohl die Leute so jung sind. Also kann ich leider nicht sagen, es ist eine aussterbende Spezies, super, schöne Gedanken, hat sich bald überlebt, sondern ja, da tut sich natürlich was, auch aus dem gesellschaftlichen Diskurs getrieben. Also, es gibt ja auch eine Diskussion über die Rolle von Männern schon viele, viele Jahre im gesellschaftlichen Kontext, mit unzähligen Büchern, Dokumentationen, wo die Verteilung von Care-Arbeit in den Familien verhandelt wird, und das kommt jetzt eben im Business an, aber das ist noch nicht fertig geführt.
00: [00:18:18-00:18:45]Tobias Kirchhoff: Das eine ist ja die Führungskraft - Alpha - Beyond Alpha, das andere sind ja die zu führenden.Auch die arbeiten ja auch immer noch mindestens im Unterbewusstsein mit Rollenmodellen. So deine Erfahrung, wie gehen Mitarbeiter damit um, die doch sehr, sehr stark darauf gepolt sind, hier Ich brauche einen starken leader Typ, und ich möchte jemanden erleben, an dem ich mich dann orientieren kann?
00: [00:18:45-00:20:00]Dominik Schneider: Also, ob ich die Hypothese unterstützen kann, weiß ich nicht, weil meine Erfahrung ist eher, dass Menschen eben, das hatte ich eben schon mal gesagt, dass eigentlich Menschen auf der Arbeit ernst genommen werden wollen und, sagen wir mal, ihre ganze Persönlichkeit und ihre ganzen Eigenschaften auch einbringen wollen, gerade in den Bereichen, in denen ich agiert habe. Wo Arbeit eben nicht nur "ich gehe da 9 to 5 hin", sondern sehr viel mehr ist, und insofern habe ich es eher anders erlebt, dass dieses Versuchen, eine Vorbildfunktion einzunehmen, eben nicht sich von diesen Stereotypen leiten zu lassen, eher die Leute motiviert, das einem nach zu tun. Und auch da wieder ist es dann eben nicht nur gut für die Leute an sich, sondern auch für die Unternehmen, weil, wenn du in einer Kultur der Angst agierst, dann machst du die Leute ja eben mundtot und dann machen sie nicht nur ihren Job nicht so gut, sondern kommen auch nicht mit guten Ideen. Also einfach, dieses Alpha-Druck-Klima der Angst ist einfach für niemanden gut, für uns selber nicht, für die Menschen, mit denen wir arbeiten nicht, und eben auch für die Unternehmen nicht. Und deswegen ist mir so wichtig, aber da nicht stehen zu bleiben, sondern zu sagen, es gibt so viel zu gewinnen für alle Beteiligten, wenn wir halt uns von diesen Mustern lösen.
00: [00:20:00-00:20:14]Tobias Kirchhoff: Und dann scheint es ja auch ein erster Schritt für die Teams zu sein, wenn ich sage, hier, unsere Führungskraft entwickelt sich weiter, überkommt diese Stereotypen, um dann auch im Team entsprechend dann befreiend zu wirken. Lass es uns mal so nennen.
00: [00:20:14-00:20:31]Dominik Schneider: Voll, das kann ich an mir auch bestätigen. Das weiß man doch heute noch, welche Führungskraft einen beeindruckt hat und in welcher Facette, dass das unheimlich wichtig ist, da Role Models zu haben, an denen man sich, nicht um die zu kopieren, aber um da einfach eine Orientierung zu haben und eine Erlaubnis zu bekommen.
00: [00:20:31-00:20:33]Tobias Kirchhoff: Hast du Vorbilder?
00: [00:20:33-00:22:01]Dominik Schneider: Also es gibt für mich nicht so einen Mann, jetzt, wenn wir bei meinem Thema bleiben, wo ich sage so, das ist jetzt so jemand, nach dem ich mich aufrichte. Aber es gibt immer wieder, begegnen mir Männer, die ich sehr beeindruckend finde in der Art und Weise, wie die genau mit diesem Thema, also wie die ihre Muster erkennen und wie die das erfolgreich überkommen. Ich fand es sehr spannend vor drei, vier Wochen zum Beispiel von Waldemar Zeiler, das ist der Gründer von Einhorn, der aus einem Sabbatical zurückkam und der dann in seinem ersten Posting auf Social Media darüber gesprochen hat, über seine Angst, die er so in den letzten Jahren vor Männern immer hatte, und auch seinen um Umgang damit darüber gesprochen hat, wie er versucht hat, entweder sich wegzuducken oder mitzumachen, auch zu dominieren, also dann genau in dieses Alpha Game einzusteigen. Und der endete dann so damit zu sagen, Männer waren für ihn eigentlich nie wirklich eine Ressource, auf die er zugreifen konnte, und das fand ich schon ein ziemlich verrücktes, ein ziemlich alarmierendes Statement und super interessant, wie der eben damit umging. Also, das war so ein Beispiel, was mir kürzlich begegnet ist, Waldemar Zeiler, was ich super fand. Ich mag sehr Justin Baldoni, ist jetzt nicht aus dem Business, ein Schauspieler, der so ganz große, sehr männliche Rollen gespielt hat und der einen tollen TED Talk hat, das kann ich nur empfehlen, "Man Enough", der eben auch erzählt, wie sein wahres Ich abweicht von diesen Rollen, die er da die ganzen Jahre gespielt hat, die eben auch so sehr männlich dominierend waren. Das wären mal so zwei Beispiele von Männern, die mich inspiriert haben. Ja.
00: [00:22:01-00:22:23]Tobias Kirchhoff: Und wir sprechen jetzt die ganze Zeit über Alpha-Männer, Alphamännchen. Es gibt ja auch Alpha-Frauen. Die sind ja nicht mehr im Stereotypen drin, weil es sind ja Frauen, aber trotzdem, auch die gibt es. Die sind ja schon dem Rollenmodell letztlich überkommen, aber sind ja quasi vielleicht männlicher als der Mann. Was sagst du dazu?
00: [00:22:23-00:23:13]Dominik Schneider: Die Frage bekomme ich natürlich immer mal wieder gestellt, und meine Antwort ist immer, dass ich finde, dass man das auf den Frauen auf keinen Fall vorwerfen darf, weil sie ja in einem von Männern,nach männlichen Regeln und mit männlicher Dominanz geschaffenen System agieren, und da sind eben die Regeln bisher so, wie sie sind. Und wenn ich mich dann entscheide, als Frau erfolgreich da in diesem System agieren zu wollen, dann muss ich mich eben diesen Regeln anpassen, oder das war eben der Weg, auch in den letzten Jahren, und dann geht es also eher darum, vorhin haben wir darüber gesprochen, es gibt systemische Komponenten, und es gibt individuelle Komponenten, geht es aus meiner Sicht dann darum, das systemisch eben dann oder auch auf der Männerseite eben, deswegen ist mein Narrativ wichtig, um dann auch in Richtung der Frauen zu signalisieren, das Alpha-Verhalten generell für keinen, glaube ich, hilfreich ist.
00: [00:23:13-00:23:45]Tobias Kirchhoff: Jetzt abschließend, weil unsere Zeit ist schon wieder fast rum, würde ich dich bitten, an unsere Hörerinnen und Hörer, wenn du einen Tipp für die hast, also wenn die sagen, hier, ich sehe, auch ich bin irgendwo in meinen Alpha-Gedanken gefangen, was letztlich das angeht, wie ich mich benehme, welchen einen Tipp gibst du unseren Hörerinnen und Hörern mit? Wie gehe ich mit so einer Situation um? Wie kann ich mich da vielleicht auf den Weg begeben, mich weiterzuentwickeln?
00: [00:23:45-00:24:39]Dominik Schneider: Also, du nimmst ja in deiner Frage schon an, dass alle schon eine gewisse Awareness über diese Fragestellung haben. Ich würde, wenn du erlaubst, nochmal einen Schritt weiter vorne ansetzen, nämlich vielleicht auch die Männer, die jetzt zuhören und die zweifeln und die sich für nicht betroffen halten, und ich glaube, es wäre ein total interessanter Startpunkt, einfach mal die Hypothese zuzulassen, dass auch ich, selbst wenn ich mich für einen ganz modernen Mann halte und mein Leadership absolut zeitgemäß, dass auch ich von solchen stereotypen Denk- und Handlungsmustern betroffen sein könnte, und dann, wie ich das vorhin schon mal erwähnt habe, so einfach sich mal zu beobachten, mal mit Menschen darüber zu sprechen, einfach die nächste Arbeitswoche mal zu nehmen, mal zu gucken, wie man da agiert, wie man da denkt, und das ist, wie ich finde, das könnte ein spannender Startpunkt sein, statt in die Abwehr zu gehen und zu sagen, ich bin nicht betroffen.
00: [00:24:39-00:25:00]Tobias Kirchhoff: Ich nehme mit, unsere Stereotypen Muster zu erkennen und zu hinterfragen und dann vielleicht auch zu überkommen, das muss uns überhaupt gar keine Angst machen. Vielleicht ist das ja auch ein Hemmnis. Und ganz im Gegenteil, es gibt viel zu gewinnen für mich selber, für mein Team und letztlich auch für unser Unternehmen. Vielen Dank Dominik, dass Du bei uns gewesen bist!
00: [00:25:00-00:25:04]Dominik Schneider: Ich danke dir herzlich für den guten Austausch.
00: [00:25:04-00:25:19]Tobias Kirchhoff: Und an Euch da draußen ein herzliches Dankeschön fürs Zuhören. Das war eine weitere Folge von lead:gut. Mein Name ist Tobias Kirchhof, und ich hoffe, ihr kehrt inspiriert und auch sehr nachdenklich in euren Arbeitsalltag zurück. Bleibt neugierig,
00: 25:19Outro: lead:gut - Inspiration für Führungskräfte.
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