Thomas Eichmann - Multikomplexe Organisation DRK

Shownotes

Mit einem klaren Handlungsmodell auf die Krise vorbereitet sein und ohne Diskussionen schnell handeln: Das gilt als eines der Erfolgsrezepte von Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz. In dieser Folge von "lead:gut" spricht Tobias Kirchhoff mit Thomas Eichmann, Referent für Strategie- und Verbandsentwicklung beim DRK, über Führung zwischen Krisenreaktion und Transformation einer der weltweit größten humanitären Organisationen. Die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamtlichen muss unter dem Leitgedanken „Füreinander da, miteinander stark“ so gestaltet werden, dass vor Ort Raum für sinnvolle Entscheidungen bleibt. Eichmann gibt Einblicke in die Vielfalt des DRK und erläutert, wie es gelingt, ehrenamtliche Arbeit so einladend zu gestalten, dass ein niedrigschwelliger Einstieg möglich ist. lead:gut fragt nach:

Wie wirken sich die Notwendigkeiten aus den Kriseneinsätzen auf die Führungskultur der Organisation aus?

Wie gelingt es dem Deutschen Roten Kreuz, sich als moderne und zukunftsorientierte Organisation zu positionieren?

Wie navigiert das DRK durch seine Vielfalt?

https://www.drk.de/das-drk/auftrag-ziele-aufgaben-und-selbstverstaendnis-des-drk/drk-strategie-2030/

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Thomas Eichmann: Wir müssen glaube ich, an einigen Stellen dahinkommen, so ein Projekt bezogenes Engagement eben auch anzubieten, weil Personen wollen konkret bei einer Sache helfen und haben manchmal auch nur die Zeit dafür zu sagen: Okay, ich kann einmal die Woche für eine halbe Stunde, kann ich euch die Homepage bauen, weil ich bin sehr gut darin und das würde ich halt auch gerne machen, und das kann ich jetzt die nächsten sechs Monate machen, und dann will ich aber auch nicht mehr mit dem Roten Kreuz zu tun haben. #00:00:27-6#

Intro: Lead gut, Inspiration für Führungskräfte. #00:00:33-6#

Tobias Kirchhoff: Hallo! Mein Name ist Tobias Kirchhoff. Ich bin Führungskraft beim TÜV Rheinland, und gemeinsam mit meinen Gästen bespreche und hinterfrage ich aktuelle Leadership-Konzepte und -Ideen. Wenn der Wind der Veränderung weht, suchen manche im Hafen Schutz, während andere die Segel setzen. Ich spreche heute mit einem, der voll in die Takelage gegangen ist. Wie er und seine Mannschaft es schaffen, auch so manches Mal gegen den Wind zu kreuzen, erzählt uns gleich Thomas Eichmann. #00:01:04-7#

Tobias Kirchhoff: Thomas Eichmann, ist vom Deutschen Roten Kreuz, er ist dort Referent für Strategie- und Verbandsentwicklung und vertritt die Strategie 2030, die da heißt: "Füreinander da, miteinander stark.". Und wenn man bedenkt, dass bei dieser gewaltigen Organisation 170.000 Hauptamtliche und 400.000 Ehrenamtliche an Bord sind, dann drängt sich doch der Vergleich mit einem Supertanker auf, den es gilt auf Kurs zu bringen. Herzlich willkommen, Thomas Eichmann! #00:01:39-0#

Thomas Eichmann: Vielen dank, Hallo! #00:01:41-1#

Tobias Kirchhoff: Lieber Thomas, liege ich mit dem Gedanken richtig, dass wir da mit einem Supertanker unterwegs sind? #00:01:52-9#

Thomas Eichmann: Ja, grundsätzlich würde ich schon sagen, das DRK ist ein Supertanker, ist eine Riesenorganisation. Aber vielleicht spricht man eher von einer Flotte weil, wenn ich so gucke, wir haben, wir haben sehr viele eigenständige Einheiten in Deutschland und unserer nationalen Gesellschaft DRK, wir haben die 19 Landesverbände und ein Verband der Schwesternschaften, und da würde ich schon mal sagen, haben wir eigentlich 20 Schiffe, die da in einer Flotte unterwegs sind. Und ja, ich sitze so ein bisschen im Mutterschiff, wenn man so will. #00:02:27-3#

Tobias Kirchhoff: Und dann geht es darum, diese Flotte zu dirigieren, zu harmonisieren. Ist sie denn schon immer in die gleiche Richtung gelaufen, oder ist das eher so ein bisschen, ähm, man spricht auch manchmal so von Flöhen, die man irgendwie wieder einfangen muss? #00:02:41-4#

Thomas Eichmann: Ja, also, ich sehe tatsächlich grundsätzlich Strategie eher als eine Rahmengebung, als eine Richtung, die wir jetzt bis 2030 gehen, und dort sind sehr viele Themen benannt, in die wir uns entwickeln wollen. Wir haben mit diesen 19 Landesverbänden und dem Verband der Schwesternschaften 20 Organisationen, die sehr unterschiedlich aufgestellt sind. Das DRK arbeitet nach dem Subsidiaritätsprinzip, das heißt, die Aufgabe wird zuerst dort erledigt, wo sie eben anfällt, und das ist halt einfach überall auch sehr unterschiedlich. Unterschiedliche Schwerpunkte in der Arbeit, die geleistet wird und von daher wäre es, glaube ich, auch fatal zu sagen, okay, hier geben wir jetzt genau nur einen Weg vor, den wir alle gehen wollen. #00:03:25-2#

Tobias Kirchhoff: Und trotzdem, zusammen mit dem Roten Halbmond seid ihr ja die größte humanitäre Organisation der Welt. Ihr habt, ich glaube 3 Millionen Mitglieder und,wie eben schon gesagt, 170.000 Hauptamtliche und 400.000 Ehrenamtliche, die aktiv auf der ganzen Welt unterwegs sind. Wie kriegt man das zusammengehalten? #00:03:48-9#

Thomas Eichmann: Ähm, genau, ich glaube die 3 Millionen, das bezieht sich auf die Fördermitglieder, die es gibt. Also es gibt die Mitglieder im DRK, das sind viele, viele ehrenamtliche, die Personen, die man auf dem Stadtfest sieht, mit dem Rotkreuz Rucksack oder die sich um die Verpflegung kümmern, die den Kleiderladen betreiben und so weiter, und es gibt die fördernden Mitglieder, die mit einem Geldbetrag dann eben dabei sind. Darüber hinaus gibt es weltweit natürlich noch viel, viel mehr. Also du hast es gerade angesprochen, es gibt insgesamt 192 Rotkreuz-, Rot Halbmond-Gesellschaften, und ja die sich jeweils um diese Arbeit vor Ort kümmern. Und genau, um auf die Frage zurückzukommen, es ist, es ist gestaffelt. Also, es gibt einmal die internationale Föderation, und indieser der Förderation arbeiten diese 192 Gesellschaften eben zusammen, und die Föderation gibt sich eine Strategie. Das ist ein langer Prozess, in dem diese Strategie entwickelt wird, mit allen Föderations Mitgliedern eben auch zusammen und dort stehen sehr, sehr globale Themen. Also, die haben jetzt fünf große Themenfelder identifiziert, und da war: Digitalisierung spielt immer noch eine große Rolle, Migration ist ein Thema davon, und ein Thema ist aber zum Beispiel auch die Klimaanpassung, und diese Strategie, die dann von allen entwickelt wurde. Die gilt es dann in den nationalen Gesellschaften umzusetzen. Also, das DRK ist etwa 2018 dann hingegangen, hat gesagt: Okay, zunächst müssen wir unsere alte Strategie evaluieren und auch gucken, was steht drin, was haben wir gut gemacht, was haben wir nicht so gut gemacht? Und dann schauen wir aber auch, was steht in dieser Föderations Strategie, und wie können wir das für uns vor Ort umsetzen? Und dann, so ist unsere Strategie: "Füreinander da miteinander stark." entstanden, und tatsächlich geht es nach diesem Prinzip eigentlich auch weiter. Unsere 19 Landesverbände und die Schwesternschaft, die gucken dann natürlich okay, wie können wir das vor Ort eben doch umsetzen, im Zusammenhang mit unseren Stärken und Schwächen und dann geht sogar noch eine Ebene tiefer. Also, wir haben ja dann noch noch unsere 460 Kreisverbände, die auch jeweils mit ihren Stärken und Schwächen gucken, wie die Entwicklung dort eben weitergeht. #00:06:10-0#

Tobias Kirchhoff: Habe ich die Möglichkeit, im Internet ein Organisationsmodell von euch zu sehen und mir auszudrucken? #00:06:15-4#

Thomas Eichmann: Ja, ich glaube, das hast du tatsächlich, aber ich weiß nicht, ob du Freude daran haben wirst. #00:06:20-6#

Tobias Kirchhoff: Ich würde gerne auf das miteinander stark mal eingehen wollen. Miteinander stark heißt ja Zusammenarbeit, und wenn wir gerade in Deutschland gucken, wir sprachen gerade darüber, Hauptamtliche, Ehrenamtliche, sehr ich sag mal, komplexe Strukturen, und wenn wir hier über das Thema Führung sprechen, gibt es da einen einheitlichen Führungsstil per se beim DRK? #00:06:46-4#

Thomas Eichmann: Nee, den gibt's nicht, und meiner Meinung nach wäre das auch fatal, wenn, wenn ein Führungsstil vorgegeben wird und gesagt wird, so machen wir es jetzt. In den unterschiedlichen Situationen, muss unterschiedlich geführt werden. Es gibt ganz klare Regelungen und Vorgehensweisen im Katastrophenfall, wenn Naturkatastrophen eben passieren und dort muss es klare und deutliche Strukturen geben, wer was zu tun hat und an welcher Stelle was macht, und dort wird dann einen, nach dem Stabsprinzip, wird dann der Stab eben aufgebaut, sodass jeder weiß, we,r wann, was zu tun hat und wer welche Gruppe auch zu führen hat. Das ist eine streng hierarchische Führung. Und dieses Prinzip jetzt aber auf die hauptamtliche Verwaltung zu übertragen, das funktioniert natürlich nicht. Oder schauen wir auf den Blutspendedienst. Beim Blutspendedienst ist es manchmal auch so, dass sich dort Personen engagieren, die gar nicht Mitglied im DRK sind. Das sind überwiegend Frauen, die sagen: Okay, der Blutspendedienst, das hat hier Tradition bei uns vorort und das ist eine gute Sache und das müssen wir auch machen, aber einer Mitgliedschaft, bin ich nicht interessiert. Trotzdem leisten die eine sehr, sehr wichtige Aufgabe. Also zum einen führen sie diesen Blutspendedienst durch, aber natürlich repräsentieren sie auch das Deutsche Rote Kreuz nach außen. Dadurch, dass sie halt den Blutspendedienst vor Ort erhalten können, dass sie zeigen, okay, das DRK ist da, und leistet eben auch einen Beitrag. Diese Person dann aber eine hierarchische Führungsstruktur zu pressen, das würde jeden verprellen und das ist auch gar nicht angebracht, natürlich. #00:08:24-6#

Tobias Kirchhoff: Wie bezieht ihr dann diese Menschen, die ja wirklich vor Ort sind. Da, wo die Brennpunkte sind, und die wahrscheinlich sehr intrinsisch, auch motiviert sind. Wie bezieht ihr die in die Strategie mit ein? Wie können die sich einbringen? #00:08:37-9#

Thomas Eichmann: Wir haben uns, als wir das Umsetzungskonzept zur Strategie formuliert haben, haben wir ein Leitbild entwickelt. Das ist wichtig bei so einer Strategie, die über eine lange Zeit rum geht. Bis 2030 wollen wir die umsetzen, um den, um den roten Faden nicht zu verlieren. Und einer der Sätze in diesem Leitbild ist, das Umsetzungsprogramm ist offen für alle. Also wir reden im Umsetzungsprogramm immer von allen Aktiven im DRK. Wir machen keinen Unterschied zwischen Hauptamt und Ehrenamt. Ein Beispiel, wir haben ein Schulungsprogramm aufgesetzt. Dort können sich Personen ausbilden lassen im Change-Management. Also das ist für alle die Personen, die eine Idee haben für ein Strategieprojekt, weil ich würde gerne vor Ort was umsetzen, und das passt so gut zur DRK-Strategie, aber ich weiß nicht wie. Da haben wir gesagt: Okay, dann machen wir ein Schulungsprogramm, da könnt ihr daran teilnehmen und das ist halt offen für alle. Das Problematische ist natürlich, in der Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen das offensichtliche, das ist die Zeit. Ich kann das Schulungsprogramm nicht am Dienstag von 9 bis 17 Uhr durchführen, weil die Personen, die müssen dann ja auch irgendwie arbeiten und da versucht man dann halt zu gucken, wie man es hinbekommt. Tatsächlich gibt es viele Ehrenamtliche, die so was auch in ihrem Urlaub machen, aber wir gucken dann auch: Okay, können wir Angebote eben auch am Wochenende stattfinden lassen? Können wir das in die Randzeiten legen? Können wir Online- Module anbieten, die halt eigenständig zu Hause auch durchgeführt werden können, sodass sich die Person das besser einteilen können? Das sind immer Fragen, die man sich stellen muss, wenn man Ehrenamtlichen auch die Teilhabe ermöglichen möchte. #00:10:16-4#

Tobias Kirchhoff: Ja, und dann, wenn die Ehrenamtlichen die Zeit haben, sind ja dann wahrscheinlich die Hauptamtlichen in ihrer Freizeit, sodass man dann einfach schauen muss, wie kriegt man da den den overlap hin, ne? #00:10:26-2#

Thomas Eichmann: Genau also, das ist ein ständiges hin und her. Es hat sich so ein bisschen das Modell entwickelt: Wir starten Freitag, enden Samstag. So bei zweitägigen Veranstaltungen, das ist so ein bisschen nichts halbes und nichts ganzes, aber damit können sich die meisten auch ganz gut arrangieren. #00:10:45-4#

Tobias Kirchhoff: Du hast eben gesagt: Im Katastrophenfall, da gibt's eine Linienorganisation, et cetera. Wie gehen die Menschen damit um bei euch? #00:10:54-2#

Thomas Eichmann: Das ist eine ganz aktuelle Diskussion, die geführt wird. So ein bisschen wird es auch unter dem Begriff der Spontanhelfenden eben gesehen. Also das sind all jene Leute, die ankommen und sagen, ich will helfen. #00:11:07-3#

Tobias Kirchhoff: Das hatten wir ja, viel im Ahrtal, was ja eine gute Sache erstmal ist, dass Menschen von überall herkommen und sagen: So, ich will helfen. #00:11:14-5#

Thomas Eichmann: Genau, genau im Teil war das so, als der Krieg begonnen hat in der Ukraine, als viele Geflüchtete dann eben ankam, da war das so. Das ist eine große Herausforderung, damit eben doch gut umzugehen. Also das eine wäre jetzt konkret die spontan Helfenden, das andere ist halt dieser sich ändernde Ansatz, wie ich zum Beispiel auch helfen möchte. Das ist auch ein Teil dieser Strategie, tatsächlich sich damit auseinanderzusetzen und auszuprobieren, was funktioniert. Also, es gibt zurzeit auch ein paar Pilotprojekte, es gibt eine Evaluation des Einsatzes im Ahrtal zum Beispiel, wo es auch um dieses Thema geht, w ie hat das gut funktioniert? Es gibt aber auch schon Ansätze, die sagen, okay, wir probieren hier eine technische Lösung aus, also eine App, in der man sich registrieren kann, wo man dann zum Beispiel Fähigkeiten schon hinterlegen kann, damit es ein bisschen gesteuerter funktionieren kann. Auf der anderen Seite ist das natürlich eine große kulturelle Frage. Ich will mal ein Beispiel nennen aus meiner persönlichen Erfahrung. Da ging es auch um die Geflüchteten in der Ukraine und ich wohne hier in Berlin, nicht weit weg vom Busbahnhof, und dann habe ich das Online gelesen, und die Geflüchteten kommen, und man kann am Busbahnhof helfen, und das war eine Gruppe, ein Messenger, wo das halt drin stand, und es wurden Leute gesucht, die in Auto haben, um die Person verteilen zu können. Über Berlin, also bin ich hingefahren mit meinem Auto und dann kam ich da an, und dann standen da sehr viele Leute. Ich würde mal sagen, es waren so 50 Freiwillige und von diesen 50 Freiwilligen haben drei russisch gesprochen, und die anderen waren halt so, okay, wir haben hier große Säcke mit Kuscheltieren mitgebracht oder haben schon mal irgendwelche Kleidung oder wir haben auch ein paar Dosen mitgebracht, was zu essen, und jeder dachte halt so, okay, das und das könnte vielleicht hilfreich sein. Im Grunde genommen haben wir uns am Anfang aber alle im Weg gestanden, und dann kamen Leute von einem, von einem Verein aus Berlin, die gesagt haben: Okay, wir haben das 2015 schon gemacht, wir würden das gerne mal ein bisschen strukturieren. Das hat gut funktioniert. Die haben sich dann hingesetzt und haben gesagt: Okay, die Leute, die russisch sprechen, die stehen als erstes am Bus, damit Informationen eben auch verteilt werden können. Die haben gesagt: Okay, du hast ein Auto, du gehst ins Fahrerteam, wir melden uns bei dir, wenn du irgendwo hinfahren musst. Ihr geht mal dahin und richtet eine Spielecke für die Kinder ein und so weiter und so fort. Nach ein paar Tagen hat es super funktioniert. Nach vier Tagen waren Busunternehmen vor Ort, die gesagt haben, wir übernehmen das mit dem Transport und so, und nach etwa einer Woche war dann eine andere Hilfsorganisation vor Ort. Die waren erst nach einer Woche vor Ort, weil die natürlich erst darauf warten müssen, bis der Senat in Berlin sagt: Liebe Hilfsorganisationen, geht dahin und kümmer dich mal darum. Und ich finde, die haben es genau richtig gemacht. Denn die haben sich das angeguckt und haben gesehen, okay, das funktioniert hier mit diesen ganzen spontan helfen und das funktioniert alles sehr gut. Die haben gesagt: Wir übernehmen den ganzen Sanitätsdienst. Das können wir gut, dafür sind wir ausgebildet und dafür sind wir gut. Aber alles das, was ihr hier schon so gut macht, mit dem Empfang, die Leute in Empfang nehmen, denen in ihrer eigenen Sprache, also Ukrainer:innen, waren dann nachher auch da, zu erklären, wie ihnen geholfen werden kann. Das lassen wir, und wir lassen euch erst mal arbeiten. Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Ja, also es ist, die hätten auch einfach hingehen können und sagen können: Vielen dank, was ihr gemacht habt, aber jetzt geht ihr, wir übernehmen hier an dieser Stelle. Und das sind so Sachen, das muss sich etablieren und das muss man aber auch erst mal ausprobieren. Und ich will auch nicht sagen, dass das überall so gut funktioniert und ich habe auch keinen Einblick, wie es im Ahrtal zum Beispiel organisiert war. Ich kann mir vorstellen, das hat nochmal eine ganz andere Dimension, aber das sind Sachen, d afür muss man offen sein, so was dann eben auch auszuprobieren und gemeinsam mit den Personen vor Ort eben auch zusammenzuarbeiten. #00:15:13-7#

Tobias Kirchhoff: An dieser Stelle machen wir eine kurze Unterbrechung, die ich für einen Hinweis nutzen möchte. Wenn ihr Fragen, Anregungen oder eigene Themenvorschläge habt, dann schreibt uns gerne eine Mail an leadgut@tuv.com oder besucht uns auf unserer Webseite tuv.com/leadgut und wenn euch unser Podcast gefällt, freuen wir uns natürlich, wenn ihr ihn abonniert oder eine gute Bewertung schreibt oder am besten natürlich beides. Das war es auch schon. Weiter geht's mit dem Gespräch mit Thomas Eichmann. #00:15:45-6#

Tobias Kirchhoff: Durch die Strategie stellt sich ja das DRK nicht neu auf, sondern ich denke mal modern auf, auch da wieder "Miteinander stark, füreinander da." merkt ihr auch weniger Engagement von Leuten, auch für eure Hilfsorganisation oder merkt ihr nach wie vor gerade in einer Welt, die ja jetzt offensichtlich rauer wird, ich nenne das jetzt mal vorsichtig so, dass da sogar das Engagement der Leute größer wird und ihr das eher sogar lenken müsst? Wie, wie entwickelt sich das? #00:16:22-1#

Thomas Eichmann: Also? Ich würde nicht sagen, weniger Engagement, sondern ein anderes Engagement. Also, wir müssen, glaube ich, an einigen stellen da Hinkommen, so ein Projekt bezogenes Engagement eben auch anzubieten, weil Personen wollen konkret bei einer Sache helfen und haben manchmal auch nur die Zeit dafür zu sagen: Okay, ich kann einmal die Woche für eine halbe Stunde, kann ich euch die Homepage bauen, weil ich bin sehr gut darin und das würde ich halt auch gerne machen und das kann ich jetzt die nächsten sechs Monate machen und dann will ich aber auch nichts mehr mit dem Roten Kreuz zu tun haben und darauf müssen wir reagieren, sowas müssen wir anbieten können. Es gibt aber auch immer noch das klassische Ehrenamt, die halt sagen: Ich möchte mich in der Bereitschaft engagieren und dorthin kommen, ich komme regelmäßig zum Dienstabend, am Wochenende mache ich die Bereitschaft auf dem Dorffest, bei der großen Sportveranstaltung oder oder oder. Das andere Thema Fachkräftemangel ganz klar, wie jede andere Organisation steht da auch, das DRK vor großen Herausforderungen, seit Jahren schon vor großen Herausforderungen, wenn man allein schon an den Bereich Pflege oder auch Kinderbetreuung denkt, man könnte viel mehr Angebote schaffen, aber man hat das Personal nicht dafür. Jetzt kommt halt noch ein anderer Aspekt dazu, wenn man natürlich schaut, dass zurzeit irgendwie auch viel gespart wird und das DRK ist ja in vielen Projekten oder Angeboten einfach auch auf andere Mittelgeber angewiesen, auf das Inneninisterium, auf das Sozialministerium, mit dem man zusammenarbeitet und das wird dann natürlich schwieriger, dort Angebote eben auch aufrecht zu erhalten, in diesem Kontext. #00:18:03-8#

Tobias Kirchhoff: Ja, auf der anderen Seite gibt es ja immer mehr Angebote, auch was Hilfsorganisationen angeht, oder auch wo sich junge Leute engagieren können. Fridays for Future, letzte Generation. Stellt ihr fest, dass weniger junge Leute zu euch kommen oder sind die anders unterwegs, die, die zu euch kommen? #00:18:22-7#

Thomas Eichmann: Ähm, ich zögere so ein bisschen, weil es auch wieder unterschiedlich ist in den verschiedenen Regionen. Es gibt tatsächlich auch immer noch dieses klassische vererbte Ehrenamt. Mein Großvater war bei dem DRK , Mama und Papa sind beim DRK. Natürlich gehe ich als erstes zum JRK und weiß ich nicht dann in die Wasserwacht oder was ich gut finde so. Das gibt es auch noch. Das ist gut so, dass es diese Strukturen gibt, weil das brauchen wir, um das Ehrenamt eben auch aufrecht zu erhalten. Wenn ich auf das JRK, auf unsere Jugendorganisation schaue, dann sehe ich, dass die sich auch mit anderen Themen auseinandersetzen und dort auch ganz bewusst Schwerpunkte setzen, zum Beispiel beim Thema Nachhaltigkeit. Also, die haben vor ein paar Jahren schon, haben die so ein Nachhaltigkeitszertifikat ins Leben gerufen, wo sie halt sagen können: Okay, wir müssen uns mal sichtbar machen, wo wir überall nachhaltig sind, und das ist zum einen super wichtiges Thema. Wir haben es in der letzten Podcastfolge auch gehört, ich erinnere mich gerade daran, es ist ein entscheidendes Thema und auf der anderen Seite ist es ein Thema, was viele junge Leute auch interessier. Und, und damit kann man sie natürlich auch für die Organisation DRK dann eben auch begeistern, in dem Sinne das sie halt auch sehen, okay, das ist DRK halt nicht dieser verstaubte Knochen, sondern die setzen sich auch mit Themen auseinander, die Zukunft gerichtet sind und die wertvoll und interessant für uns sind. #00:19:50-6#

Tobias Kirchhoff: Ja, das wäre nämlich auch meine nächste Frage. Also riesentanker, um jetzt wieder so ein bisschen zum Anfang des Gesprächs zurückzukommen, ein Riesentanker. Wieweit ist der attraktiv für junge Menschen? Weil die sagen: Naja, alt, verstaubt. Aber ihr schafft das dann doch auch, wahrscheinlich mit der Strategie, dass ihr euch auch modern aufstellt und auch modern nach draußen darstellt. #00:20:14-4#

Thomas Eichmann: Ja also, auch hier wäre es fatal, alles über einen Kamm zu scheren und das ist in den verschiedenen Bereichen, in denen das DRK tätig ist, ist es ja unterschiedlich. Aber man kann schon sagen, das DRK ist ein Verein für Personen, die intrinsisch motiviert sind, die sagen wollen, okay, ich habe Bock auf einen Job mit Sinn, und ja, da soll ein bisschen was dahinter stecken. Ich finde das schön. Ich arbeite deswegen auch ganz gerne beim DRK, weil es so einfach ist. Also, wir haben die sieben Grundsätze. #00:20:43-4#

Tobias Kirchhoff: Moment, Moment mal, du sprachst von 20 Landesverbänden, also 19 plus eins, ganz vielen Unterorganisationen, und du empfindest das als sehr einfach. Das musst du uns bitte erklären. #00:20:56-2#

Thomas Eichmann: Ja, das muss ich auch präzisieren, sonst hört mein Chef das und sagt: Moment, da muss man nochmal raufgucken. Ich meine, wir haben ein sehr gut verständliches Wertegerüst, das DRK arbeitet nach sieben Grundsätzen und die kann ich , im besten Fall kann ich die in meiner Organisation ablesen, aber ich kann sie auf jeden Fall online abrufen. Die Grundsätze heißen Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit, Universalität. Und da kann man jetzt in jedes reingucken. Und was bedeutet das für mich? Und das ist auch sehr interessant. Aber ich finde, das sind erst mal sieben Grundsätze, hinter die ich mich sehr einfach stellen kann und wo ich sagen kann, okay, das sehe ich, da stehe ich dahinter, das mache ich mit und ich finde, das ist ein Fund für so eine Organisation. Das gibt es nicht in jedem Unternehmen, dass es ganz klar benennen kann: Okay, hierfür stehen wir und das wollen wir in die Welt tragen. #00:21:54-8#

Tobias Kirchhoff: Ja, und ich finde, du hast es ja als erstes genannt, dieses Thema Menschlichkeit. Das ist ja doch eine ganz, ganz klare Ansage, die man natürlich heute, glaube ich, anders dann auffüllt, als man das vor 100 Jahren gemacht hat, weil man ja heute, denke ich, auch ein etwas anderes Menschenbild hat. Was setzt ihr, oder du, was setzt ihr denen entgegen, die ja Deutschland im Moment eher kälter machen, die sagen, Beispiel Flüchtige: Ja, wir müssen die Grenzen zumachen, die sagen, so, wir müssen eher auf Deutschland gucken, weniger auch im Ausland helfen. Da habt ihr eine ganz andere Botschaft. Was setzt ihr diesen Stimmen entgegen? #00:22:33-6#

Thomas Eichmann: Man muss erst mal betonen, dass DRK neutral ist. Das DRK ist in all seinem Handeln neutral und deshalb geht es darum, wenn das DRK etwas macht, dann nur nach dem Maß der Not. Da ist es egal, wer betroffen ist. Wenn er die Hilfe benötigt, bekommt er diese Hilfe. Das ist der Fokus, den das DRK eben hat und um den es geht in der Arbeit und der dann eben doch umgesetzt wird. #00:23:02-7#

Tobias Kirchhoff: Mhm, gucken wir nochmal auf die Flotte. Was für Mittel wendest du an, oder welche Mittel habt ihr, um die Flotte in die gleiche Richtung zu lenken? Habt ihr einen ganz großen Kompass, nachdem die alle folgen können? Weil ich denke, viele große Unternehmen haben die Herausforderung, dass alle in die gleiche Richtung segeln oder fahren. Was sind da so deine Erfolgshebel? #00:23:28-8#

Thomas Eichmann: Wir haben, wie gesagt, ein Umsetzungsprogramm, wo erst mal jeder partizipieren kann, mit verschiedenen Angeboten, Schulung, kleines Förderprogramm. Wir brauchen ein bisschen Geld, weil wir eine tolle Idee haben, kommt immer gut an. So, und dann haben wir, ich habe ja von den von den 19 Plus eins Organisationen gesprochen, die relativ selbstständig auch sind und da geht es darum, immer den Punkt zu finden, wo jeder sagt: Okay, hier ist es wichtig einzusteigen bei dieser Strategie. Das heißt, es ist ein sehr individuelles Vorgehen. Ich bin mit vielen Landesverbänden im Gespräch darüber, wie die Strategie umgesetzt werden kann und je nachdem, an welcher Stelle sie ihres eigenen Strategieprozesses gerade stehen, finden wir dann das richtige Mittel. So ein klassisches Vorgehen ist aber, diese Strategie erst mal klein zu hacken, denn für viele Personen ist das natürlich überwältigend. Die sehen dann diese Strategie und wir haben jetzt in unserer Strategie haben wir drei Ziele und zu jedem der drei Ziele haben wir dann noch drei Teilziele und da sind sehr, sehr viele Themen drin. Da ist das Thema Nachhaltigkeit drin, Wissensmanagement ist da drin, ehrenamtliches Engagement, Ausbildungen im Ehrenamt und und und und und. Und das kann halt sehr überwältigend sein und deswegen mache ich immer sehr gerne am Anfang einen Workshop, auch mit den Personen, die davon eben betroffen sind und dann gehen wir jedes dieser Ziele, gehen wir dann eigentlich einmal durch und hacken das klein und Stellen uns die Frage: Okay, was hat das mit meiner Arbeit vor Ort zu tun? Wo gibt es schon Anknüpfungspunkte? Wo sehe ich eigentlich noch Bedarf für die Zukunft? Und das diskutieren wir relativ ausführlich aus und am Ende schauen wir dann immer noch drauf, Okay, wie können wir es denn jetzt konkret machen? Da kommt es immer ein bisschen drauf an, auf welcher Ebene ich gerade unterwegs bin. Mache ich das mit der Kreisgeschäftsführungen oder machen wir es gerade auf Landesebene, in der Verwaltung? Aber das wichtige ist halt, diese Strategie eigentlich in ganz kleine Happen zu packen und immer den Link zu schaffen, so, was hat das ganz konkret mit meiner Arbeit vor Ort zu tun und dann kommt auch die Motivation, wenn man das sieht, weil dann kommt irgendwann auch der Aha-Moment: Ach hey, das hilft mir ja weiter, wenn wir uns jetzt hier ranmachen. #00:25:51-4#

Tobias Kirchhoff: So im Prinzip auch ganz einfach ja, Kommunikation und dann wieder Partizipation, also dass das Menschen ein Wirkungserleben haben, dass sie sehen: Hier, wenn ich damit arbeite, hat das auch einen Effekt, den ich da nach draußen bringe. #00:26:03-9#

Thomas Eichmann: Genau, und ich würde als drittes noch Transparenz ergänzen. Also das ist auch einer einer der Leitsätze, wo wir halt gesagt haben: Okay, wir wollen offen kommunizieren und wir wollen es auch möglich machen, dass, wenn der Kreisverband in Flensburg ein tolles Projekt hat, dass der Kreisverband in Freiburg das eben auch erfährt und auch mal anrufen kann und sich das mal abgucken kann, was da tolles passiert ist. Also, das sagt sich einfach daher, das muss man auch erst mal lernen. Aber es ist ein wichtiges Prinzip, transparent zu sein und dabei natürlich auch gegebenenfalls über Fehler zu reden. Das hat jetzt nicht funktioniert, aber wir haben festgestellt, das hat nicht funktioniert, weil und wenn du das machst, achte auf folgende Punkte dabei. #00:26:46-6#

Tobias Kirchhoff: Ja, jetzt sind wir schon fast am Ende unseres Gesprächs angelangt, lieber Thomas, und da frage ich meine Gästin in mein Gast immer, was ist das eine, was du unseren Hörerinnen und Hörern mitgeben willst? Und du arbeitest in einem NGO, einem der größten NGOs der Welt, bist dort in der Strategie Verbandsentwicklung tätig. Welchen Tipp würdest du unseren Hörern mitgeben? Was können sie vielleicht ab morgen selber umsetzen? Was sollten sie umsetzen? Was sollten sie machen? #00:27:17-2#

Thomas Eichmann: Auch wieder ein grundlegendes Prinzip: Beteiligt die Leute, um die es geht und zwar fortlaufend. Also nicht nur, wenn ich die Strategie entwickle, eine tolle Umfrage machen und dort mal die Meinung abholen, sondern auch, wenn ich die Strategie umsetze, bietet die Möglichkeiten, dass sich jeder an der Umsetzung auch beteiligen kann, der am Ende davon betroffen ist, und das sind in unserem Fall alle, die sich aktiv im DRK engagieren. #00:27:46-5#

Tobias Kirchhoff: Lieber Thomas, ich danke dir für dieses Gespräch. Danke, dass du hier warst, und an euch da draußen ein herzliches Dankeschön fürs Zuhören. Das war eine weitere Folge von Leadgut. Mein Name ist Tobias Kirchhoff und ich hoffe, ihr kommt inspiriert in euren Arbeitsalltag zurück, bleibt neugierig. #00:28:07-8#

Thomas Eichmann: Vielen Dank! #00:28:08-6#

Outro: Lead gut, Inspiration für Führungskräfte! #00:28:12-9#

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