Dr. Bahar Cat-Krause - Nachhaltige Unternehmensführung
Shownotes
Nachhaltigkeit im Unternehmen ist nicht „nice to have“, sondern entscheidet zunehmend über dessen Marktfähigkeit. Dr. Bahar Cat-Krause unterstützt mit Ihrer Nachhaltigkeitsberatung bck2planet Privatunternehmen und Brancheninitiativen in mit ihrem Fachwissen über CSR, grüne Logistik und Produktnachhaltigkeitsbewertung bis hin zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, Standardisierung und dem Stakeholder-Management. Sie nennt die Gründe, warum das Thema Nachhaltigkeit Führungskräfte ganz direkt angeht – und wie sie es angehen können. lead:gut fragt nach:
Warum müssen wir das Thema größer denken?
Wie wird Transformation steuerbar – und warum muss sie es sein?
Warum ist es nicht sinnvoll, kontextgetrieben vorzugehen?
Wie handeln Führungskräfte in der Praxis Schritt für Schritt nachhaltiger?
https://www.gesetze-im-internet.de/lksg/
https://www.bmz.de/de/themen/lieferkettengesetz
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_23_1795
https://environment.ec.europa.eu/topics/circular-economy/green-claims_de
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Bahar Cat-Krause: Wenn der Fokus auf Umsatz und Gewinnsteigerung liegt und das Unternehmen sich mit Nachhaltigkeit nicht auseinandersetzt, dann wird dieses Unternehmen noch bestehen, sicherlich. Die Frage ist, wie lange noch. #00:00:12-6#
Intro: lead:gut, Inspiration für Führungskräfte. #00:00:18-9#
Tobias Kirchhoff: Hallo! Mein Name ist Tobias Kirchhoff, Führungskraft beim Tür Reinland. In unserem Podcast bespreche und hinterfrage ich mit meinen Gästen aktuelle Leadershipkonzepte und -Ideen. In einer Welt, die immer mehr die Konsequenzen unseres Handels spürt, wird deutlich, dass Nachhaltigkeit keine Option, sondern eine Verpflichtung ist, eine Verpflichtung für uns alle, aber vor allen Dingen für Führungskräfte in Unternehmen. Genau darum geht es in unserem heutigen Gespräch, warum Nachhaltigkeit ein unverzichtbares Haltungsthema und vor allen Dingen ein Schlüsselfaktor für verantwortungsvolle Führungskräfte ist. Und wer könnte uns besser durch dieses Thema führen als Dr. Bahar Cat-Krause? Bahar ist seit mehr als zwölf Jahren als Nachhaltigkeitsberaterin unterwegs und unterstützt Unternehmen nicht nur, wie sie nachhaltiger werden können, sondern auch, wie sie diese Werte in ihre Unternehmenskultur und Führungspraktiken integrieren. Herzlich willkommen, Bahar! #00:01:19-5#
Bahar Cat-Krause: Hallo, Tobias. #00:01:21-5#
Tobias Kirchhoff: Wenn du einen Film über den Status unserer Erde machen würdest, welcher Filmtitel würde dir dazu einfallen? #00:01:33-8#
Bahar Cat-Krause: Also spontan würde ich sagen "Earth Overshoot, die Ampel steht auf rot." #00:01:38-3#
Tobias Kirchhoff: Warum? #00:01:38-9#
Bahar Cat-Krause: Ja, wir hatten gerade zuletzt vor zwei Tagen den Earth Overshoot Day, und ich finde, der sagt sehr, sehr viel aus. Der Sagt aus, wo die Erde steht mit ihren Ressourcen, und wir müssen tatsächlich jetzt langsam mal darüber nachdenken, wie wir auch wirklich Ressourcenschonender, nachhaltiger handeln, wirtschaften und auch mit der Erde umgehen. #00:02:01-8#
Tobias Kirchhoff: Ja, und in Deutschland sind wir ja, glaube ich, sogar noch krasser unterwegs. Das ist ja der globale Shootout-Day gewesen. Der Deutsche war, glaube ich, schon Anfang Mai. #00:02:12-4#
Bahar Cat-Krause: Mhm, ja. #00:02:13-3#
Tobias Kirchhoff: Das heißt, in Deutschland haben wir schon Anfang Mai die Ressourcen, die uns die Erde für ein ganzes Jahr zur Verfügung stellt, quasi verbraucht. #00:02:21-4#
Bahar Cat-Krause: Genau ja, und das ist auch so, dass wir tatsächlich jetzt schon eine zweite Erde brauchen würden, wenn wir genau so weiter wirtschaften, wie wir es gerade tun. #00:02:29-6#
Tobias Kirchhoff: Das heißt, wir müssen nachhaltiger werden. Da reden auch viele drüber. Aber was ist diese Nachhaltigkeit? #00:02:36-7#
Bahar Cat-Krause: Ja, was ist Nachhaltigkeit? Wo fange ich an? Wo höre ich auf? Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir unser Handeln überdenken mit allem, was mit der Erde, mit den Ressourcen, mit unserem Leben auf der Erde auch zu tun hat. Ich bin der Meinung, dass jeder einzelne die Verantwortung dafür hat, sein Handeln auch zu überdenken, nicht nur im Nachhaltigkeitskontext, das tun wir immer. Aber gerade auch zum Thema Nachhaltigkeit auch zu überlegen, wie hinterlasse ich auch die Erde? Ich habe selber zwei Kinder, und mir ist es wichtig, dass sie auch ein gutes Leben haben, so wie ich das hatte. Und Nachhaltigkeit bedeutet für mich nicht nur, mein persönliches Handeln zu überdenken, sondern auch tatsächlich wirtschaftlich mich weiterzuentwickeln, mich zu transformieren und mich auch den Gegebenheiten anzupassen, also den Gegebenheiten zum Thema Rohstoffe, zum Thema soziale Aspekte in Lieferketten, Menschenrechte, das sind so die Themen, die Nachhaltigkeit ausmachen, wirklich klassisch und wissenschaftlich fußt Die Nachhaltigkeit auf den drei Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales und die Gesamtheit aus allem ist für mich das Thema Nachhaltigkeit. Natürlich gibt es immer Fokusthemen, je nachdem, wo man sich bewegt, wie man agiert. Aber grundsätzlich muss man, wenn man nachhaltig werden möchte, nachhaltig wirtschaften und agieren möchte, tatsächlich dieses ganzheitliche Bild zeichnen. #00:04:08-1#
Tobias Kirchhoff: Ja, und das ist ja höchst aktuell. Du bist ja seit über einem Jahrzehnt, ich sag mal, in diesem Thema unterwegs. Als du vor 15 Jahren damit angefangen hast, warst du da irgendwie ein Paradiesvogel? #00:04:21-9#
Bahar Cat-Krause: Ja, die Ökotante ja schon, das waren dann die Ökos, die gesagt haben, hier, Leute, wir müssen wir ein bisschen darauf achten, was wir so tun, aber nichts desto trotz habe ich ja in den Umfeld schon gearbeitet, das heißt, ich war nicht die einzige, die so unterwegs war, sondern es gab ja durchaus auch schon Unternehmen und Sektoren, die sich auch damals schon auf den Weg gemacht haben, sich dem Thema zu nähern. #00:04:45-8#
Tobias Kirchhoff: Aber es ist ja dann doch erst vor ein paar Jahren, oder wo würdest du vielleicht auch festmachen, dass man wirklich das Thema Nachhaltigkeit auf die Agenda bekommen hat? Weil früher sprach man ja von Green, dann war irgendwie alles smart, und jetzt ist alles nachhaltig. #00:04:59-4#
Bahar Cat-Krause: Ja, ich glaube, die Entwicklung rührt daher, dass es vorher mehr so die ökologischen Umweltthemen waren, und soziale Aspekte waren Randthemen, und die kommen immer weiter dazu, und so einen richtigen Push hat das Thema meiner Meinung nach so in den letzten fünf Jahren bekommen, wo auch die Gesellschaft ihren Beitrag dazu leistet und auch sensibel ist gegenüber nachhaltigen Produkten oder auch Unternehmen, sei es jetzt im Umfeld von Mitarbeitenden, Bewerberinnen, sei es im Umfeld von Verbrauchern, die ein Gefühl dafür bekommen wollen, ob ein Produkt nachhaltig ist. Also Themen wie Palmöl, wie zertifiziertes Soja, etc. das sind so Themen, die auch in der Gesellschaft angekommen sind. Und natürlich auch mit der Bewegung, die wir einfach gerade spüren, dass auch die nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Zukunft haben möchten. #00:05:49-7#
Tobias Kirchhoff: Du sprachst eben davon: umdenken im Handeln. persönlich. Vielleicht starten wir da mal. Das ist ja gar nicht so einfach. Also umdenken kann ich sehr schnell, aber anders handeln...Wir erleben ja gerade so viele Flugzeuge wie heute nach der Corona Pandemie, waren noch gar nicht unterwegs, ja, so viel Abholzung, etc, etc. und keiner ist gegen Nachhaltigkeit. Vielen Menschen ist es klar, aber das Handeln, das zeigt sich noch nicht. #00:06:20-9#
Bahar Cat-Krause: Hm ja, das Handeln ist auch raus aus der Komfortzone. Also, wir leben im Überfluss, ist genauso, wie, wenn man ein paar Pfunde zu viel hat und sagt, bei euch möchte eigentlich mal ein bisschen schmaler, sportlicher werden, nee mach ich morgen, mach ich morgen, ist ungemütlich. Aber muss es eigentlich nicht sein. Weil Nachhaltigkeit und nachhaltig agieren bedeutet ja nicht, dass man verzichten muss auf alles. Trotzdem kann man sich überlegen, muss ich jetzt tatsächlich, also jetzt mal im persönlichen Kontext gesprochen, muss ich jetzt tatsächlich jedes Jahr irgendwo hinfliegen, oder brauche ich jeden morgen eine Salami auf dem Brot, oder reicht es vielleicht, wenn ich ein / zwei mal die Woche, mich auf Fleisch konzentriere? Es heißt nicht immer, dass man nichts machen darf, dass man nichts machen soll und dass es irgendwie verwerflich ist, wenn ich jetzt auch, ich bin Nachhaltigkeitsberaterin, aber ich esse auch Fleisch, aber ich bin einfach diejenige, die mal darüber nachdenkt: brauche ich das heute oder vielleicht auch nicht? Und auch etwas, was ich auch versuche, natürlich meinen Kindern weiterzugeben, gerade auch was so das Thema Abfall, Abfall trennen angeht. Wir waren im Urlaub und haben am Strand einfach so viel Müll gesehen. Das hat uns wirklich, und das in Europa, und das hat uns wirklich sehr, ja auch beschäftigt. Und ich glaube, es ist nicht nur das eigene Handeln, es ist natürlich ungemütlich, aber es ist auch die Bildung der nachfolgenden Generation, zu sensibilisieren und mitzunehmen auf der Reise. Ich glaube, dann kann man sich da schon ganz gut einruckeln. #00:07:47-6#
Tobias Kirchhoff: Es gibt ja immer noch Menschen, die Sagen, Nachhaltigkeit brauchen wir gar nicht, Klimawandel gibt's gar nicht. Was sagst du denen? #00:07:56-5#
Bahar Cat-Krause: Schwierige Frage, die gibt es immer, die wird es auch immer geben. Ist vielleicht auch eine Entwicklung, ein Prozess, auch diese Menschen mitzunehmen und zu sensibilisieren. Es wird immer Leute geben, die auch sagen, ja, ich bin schon immer Diesel gefahren, ich werde auch immer weiter Diesel fahren, aber wenn es irgendwann keine Dieselfahrzeuge mehr gibt und sich die Themen einfach weiterentwickeln, dann werden auch diese Menschen zwangsläufig mitgehen müssen. Also, jeder darf seine Meinung haben. Ich will das gar nicht kategorisieren, und ich finde das auch richtig. Es wird immer die Zweifler geben, aber auf der anderen Seite gibt es Gottseidank auch sehr, sehr viele, die sich dem Thema annehmen und wirklich auch was bewegen wollen und sagen: Klimawandel ist das eine, aber soziale Themen gehören genauso dazu. #00:08:44-8#
Tobias Kirchhoff: Sprichst es gerade an, soziale Themen, und wenn wir jetzt an Unternehmen denken, jetzt neben Sozialstandards, haben wir ja auch immer das Verhältnis: Führungskräfte, Mitarbeiter. Was ist für dich nachhaltige Führung? #00:09:00-0#
Bahar Cat-Krause: Nachhaltige Führung heißt für mich, alle Facetten im Unternehmenskontext tatsächlich zu betrachten, also nicht nur das Management von Zahlen und Umsätzen, sondern eben auch tatsächlich zu schauen, was möchte eigentlich meine Belegschaft, wo sind die Bedarfe, und auch zu hören, was die Belegschaft braucht. Es ist nicht nur unternehmensintern, das sind Dinge wie Arbeitszeitsflexibilität beispielsweise, das sind aber auch Dinge wie Ideenmanagement, auch die mitzunehmen, in Prozesse einzubeziehen, weil die Belegschaft ist quasi am Puls, und das sind diejenigen, die letztendlich das Unternehmen auch weiter treiben, im Unternehmen mit den Kunden zusammenarbeiten, vielleicht in der Produktion sitzen, diese auch zu hören. Nachhaltige Unternehmensführung heißt für mich aber auch, Weitsicht zu haben und auch Transformation zu steuern in jegliche Richtung, also das heißt jetzt Nachhaltigkeit oder vielleicht auch andere Themen. Aber gerade bei Nachhaltigkeit ist meiner Meinung nach die Unternehmensführung so essenziell, weil meine Erfahrung ist, wenn das Management nicht hinter einem Thema steht, dann hat auch die Belegschaft oder einzelne, die bestimmte Themen tatsächlich vorantreiben wollen, haben es wirklich schwer. #00:10:20-5#
Tobias Kirchhoff: Wie sieht das in der Praxis aus? Wie stelle ich mir das vor? Also, ich bin jetzt mal angenommen Mittelständler und sagt, ja, ich möchte nachhaltiger werden, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, und ich will was gutes tun für meine Mitarbeiter. Wie wird dann normalerweise vorgegangen, oder was erlebst du in deiner Praxis, wie das dann Unternehmen angehen? #00:10:41-2#
Bahar Cat-Krause: Ja, also, je nach Unternehmensgröße sind die Fragezeichen sehr groß, was auch wirklich verständlich und nachvollziehbar ist. Ich glaube, das wichtigste ist, dass man seine Aktivitäten kennt, die mal auf den Prüfstand stellt und wirklich mal eine Ist-Aufnahme macht zu den Themen Ökologie, Soziales, ökonomische Themen, das fällt alles mit da rein und wirklich mal eine Standortbestimmung macht, um mal zu gucken, was mache ich eigentlich schon? Also oft sehen wir in diesen ganzen Unternehmen, das eigentlich schon relativ viel passiert, aber vielleicht nicht ganz strukturiert, und ich glaube, wenn man nachhaltiger werden möchte, muss man es strukturiert und auch strategisch angehen, also dass man guckt, was sind eigentlich so meine Themenfelder? Nicht jedes Unternehmen hat die gleichen Themenfelder. Also man muss auch gucken, was sind eigentlich auch so die Bedarfe meiner Mitarbeiter? Was sind Bedarfe aus der Lieferkette? Wie sehen es meine Kunden? Was sind die Anforderungen? Und ich glaube, die Kunst ist es, sich ein Gesamtbild zu schaffen und die wirklichen Hebel zu identifizieren und diese in eine, ich sag jetzt mal, zeitliche Abfolge zu bringen, Ziele zu definieren, wenn wir zum Beispiel über Co2 Emissionen sprechen, zu sagen, ich möchte in den nächsten fünf Jahren vielleicht 20 Prozent meiner Co2 Emissionen reduzieren und da einen Plan aufzustellen und nicht nur den Plan aufzustellen, sondern auch Verantwortlichkeiten zu definieren und diese auch tatsächlich über die Jahre dann zum monitorinen. Also Struktur, Ich sehe oft, dass das Thema Nachhaltigkeit sehr unstrukturiert und bedarfsgerecht angegangen wird. #00:12:17-6#
Tobias Kirchhoff: Wie kann man das denn strukturierter angehen und bedarfsgerecht? #00:12:21-3#
Bahar Cat-Krause: Ja, also bedarfsgerecht ist für mich, wenn ich jetzt beispielsweise ein Lieferant eines Unternehmens bin, und ich kriege jetzt einen Fragebogen, und da steht drin, was machst du eigentlich zu Co2? Was machst du eigentlich zum Thema Arbeits - und Gesundheitsschutz, was machst du eigentlich zum Thema Mitarbeiterbildung, Kundenbindung? Dann stehen die Unternehmen teilweise davor und wissen gar nicht, was sie da reinschreiben sollen. Dann wird wirklich nur in dem Moment Kontextgerecht ausgefüllt, und das war's. Jetzt kommen diese Anfragen ja aber nicht nur einmal, sondern die kommen vielleicht von ganz unterschiedlichen Kunden, und der Fokus ist möglicherweise immer ein anderer. Das heißt, das macht es den Unternehmen oft sehr, sehr schwer, diese Informationen wirklich auch gebündelt weiterzugeben. Das kostet Ressourcen, Zeit, Nerven, und strukturiert wäre tatsächlich genau diese Standortanalyse, die Ist-Analyse mal aufzugreifen und zu gucken, was ist eigentlich mein Status quo zu den Themen? Da kann man sich auch daran orientieren, sei es jetzt, Klima, sei es Supply Chain, sei es nachhaltige Unternehmensführung, wirklich zu schauen, wo stehe ich und wo muss ich wirklich aktiv werden? Wir haben ja auch das Thema der Nachhaltigkeitsberichterstattung, die jetzt gesetzlich dann auch in Kraft treten wird, für große Unternehmen schon ab 2025, und für kleinere Unternehmen wird das sukzessive dann ausgebaut. Also, man kann schon damit rechnen, dass immer kleinere Unternehmen immer mehr in die Berichtspflicht kommen, und spätestens da muss man einen Überblick haben zu den Themen, die man bespielt, die man sich als Ziel setzt, und das erfordert natürlich auch ein entsprechendes Nachhaltigkeitsmanagement, was dem Ganzen eigentlich vorausgeht, also sich vorzubereiten auf die Themen, die da kommen. #00:14:03-8#
Tobias Kirchhoff: Vor allen Dingen müssen sich die Unternehmen jetzt Gedanken machen, wenn sie es nicht schon getan haben. Wie du es gerade auch sagst. Wie gehe ich da strukturiert ran? Kann ich mir da Hilfe von außen holen? Wäre das sinnvoll? #00:14:14-6#
Bahar Cat-Krause: Ja, klar, also, ein großes Themen fällt, das Thema wissen im Unternehmen, also je nach Unternehmensgröße, ist das Wissen im Unternehmen nicht vorhanden. Das heißt, man muss jemanden haben, der sich auskennt, am besten in kurzer Zeit. Gerade wenn man jetzt beispielsweise gesetzliche Anforderungen hat, dann dauert es eine gewisse Zeit, bis man jetzt jemanden benennt. Der kann sich mit der Thematik auseinandersetzen. Der muss sich erst mal im Unternehmen die richtigen Informationen holen. Da ist es sicherlich hilfreich, sich jemanden ins Haus auch zu holen, einen Expertenrat zu haben. Da gibt es auch unterschiedliche Möglichkeiten. Das kann ein Berater sein, das kann ein Verbandskontext sein. Verbände haben auch sehr viele Unterstützungsleistungen, die man in Anspruch nehmen kann. Also, es gibt auch viele Initiativen zu verschiedenen Themen, denen man sich anschließen kann, wo es Leitfäden gibt, Guidelines gibt. Aber sicher ist der erste Schritt, erstmal zu wissen, okay, zu welchen Themen brauche ich denn überhaupt genau diese Information? #00:15:14-5#
Tobias Kirchhoff: An dieser Stelle machen wir eine kurze Unterbrechung, die ich für einen Hinweis nutzen möchte. Wenn ihr Fragen, Anregungen oder eigene Themenvorschläge habt, dann schreibt uns gerne eine Mail an leadgut@tuv.com oder besucht uns auf unserer Webseite tuv.com/leadgut, und wenn euch unser Podcast gefällt, freuen wir uns natürlich, wenn ihr ihn abonniert oder eine gute Bewertung schreibt oder am besten beides. Das war es auch schon. Weiter geht's mit dem Gespräch mit Bahar Cat-Krause. #00:15:48-7#
Tobias Kirchhoff: Es gibt ja Unternehmen, die sind ja schon sehr, sehr viel weiter, und die werben ganz extrem damit, dass sie doch sehr nachhaltig unterwegs sind. Da bekommt man manchmal den Eindruck des Greenwashings, das ganz normale Themen jetzt auf einmal total nachhaltig sind. Wenn ich mir angucke, eine Fastfood-Kette geht jetzt komplett auf dieses Thema und produziert nach wie vor die Plastikbecher und sagt, na ja, die werden dann nochmal auch weiter verwendet. Wie kann ich denn auch sehen, oder wem kann ich denn glauben, dass er oder sie bzw. das Unternehmen das ernst meint, oder ob es dann doch nur das wieder nutzt, um sich gut darzustellen? #00:16:29-5#
Bahar Cat-Krause: Ja, kann man das? Ne? Ich bin ja auch Verbraucherin, und ich würde jetzt mal behaupten, ich hab ein bisschen Hintergrundwissen, aber auch ich kann das oft gar nicht beurteilen. Also, das Thema Greenwashing ist ein ganz schmaler Grad. Ja, also, es ist immer schwierig als Verbraucherin zu beurteilen, machen die das jetzt wirklich, oder ist das jetzt nur eine Marketingkampagne, oder ist es einfach ein grüner Anstrich, den sich die Unternehmen geben? Ich bin der Meinung, man kann Greenwashing wirklich vermeiden, indem man transparent ist, in dem man sagt, okay, wir haben zwar noch vielleicht unsere Becher, aber das Ziel ist, diese auszutauschen, und bis dahin werden wir vielleicht aus diesen Bechern was anderes machen. Das ist für mich eine Kommunikation, die nachvollziehbar ist, aber, wie du schon richtig sagst, so richtig erkennen, ist schwierig. Da kann ich eigentlich nur sagen, also, wirklich, der Weg ist das Ziel, und es ist ja auch nicht verwerflich zu sagen, wir sind ja noch nicht da, wo wir hinwollen, sondern wir haben diese Entwicklungen angestoßen, und wir haben jetzt ein paar Themenfelder priorisiert für uns, die für unsere Geschäftsentwicklung und auch für unsere Stakeholder besonders wichtig sind, und die treiben wir jetzt voran. Also, das ist meiner Meinung nach eine viel ehrlichere Kommunikation, als einfach zu sagen, ja, es ist jetzt alles super, und wir haben die Themen, die hatten wir schon immer, aber die sind jetzt voll nachhaltig. Also, es macht es uns Verbrauchern natürlich dann auch ein bisschen einfacher. Und ich merke auch, dass die junge Generation sich da auch wirklich extremst informiert. Also, ich war ja nicht so, muss ich ganz ehrlich sagen, als ich jung war habe ich alles gegessen, aber jetzt, man boykottiert zum Beispiel Lebensmittel, wo Palmöl drin ist. Das war für uns nie ein Thema, oder man guckt sich an, was machen denn eigentlich die Unternehmen? Jeder hat ein Handy, jeder kann jederzeit auf jegliche Informationen zugreifen, und auch der Informationsbedarf ist da, und das darf man nicht unterschätzen. Verbraucherinnen gucken sich das auch an. Nicht alle, es gibt ja auch die, die gehen halt einfach an Supermarkt und kaufen, weil sie es schon immer so gemacht haben. Aber das wird sich in den nächsten Jahren auch nochmal mehr ändern. #00:18:38-1#
Tobias Kirchhoff: Also tatsächlich die Macht der Konsumenten, wenn man sich dann zusammenschließt und dann wirklich etwas nicht mehr kauft, auch wenn es günstiger ist als das andere. Also das ist dann schon auch sehbar. #00:18:52-0#
Bahar Cat-Krause: Ja, also wir haben damals wirklich, also vor 10, 15 Jahren, über eine kleine Gruppe von ja ökologisch sensiblen Menschen gesprochen. In meiner Jugend hat Co2 keine Rolle gespielt, also Treibhausgasemissionen, ja, kannte man damals von FCKW, das wurde verbannt, aber mehr auch nicht. Und das ist heute anders, das ich in unserem Umfeld, wo wirklich junge Menschen mit diesen Themen einfach ganz anders umgehen, und ich glaube, das bewirkt auch was. Trotzdem haben wir auch immer noch die Generation, die sagen, da haben wir schon immer so gemacht, das mache ich auch so weiter. Das riecht so gut, das Duschgel, das kaufe ich auch weiter. Das ist auch okay, das muss auch möglich sein. Aber die Transformation ist da, und ich glaube auch, dass Unternehmen in ihrer Kommunikation immer mehr auf den Prüfstand kommen. Sei es jetzt die Produktkommunikation, aber auch natürlich, sag ich etzt mal, das Imagebuilding auf Unternehmensebene. Also gerade wenn wir jetzt auch im Bewerbungskontext sind, da sehen wir immer wieder, dass Bewerber natürlich auch gucken, was macht denn das Unternehmen, und was sind denn da so für soziale Kriterien, was habe ich denn vielleicht auch für Benefits, und das muss einfach transparent kommuniziert sein. Weil ich auch glaube, dass Bewerberinnen auch danach auswählen. es ist nicht mehr so, dass die Unternehmen sich einfach jeden holen können. Die junge Generation sucht sich ganz genau aus, für wen sie arbeiten wollen, ob das auch zum Lifestyle passt und ob man sich auch mit dem Unternehmen identifiziert. #00:20:20-1#
Tobias Kirchhoff: Also heißt, als Unternehmen, wenn ich mich zukunftsfähig aufstellen will, muss ich mich nicht nur mit Nachhaltigkeit befassen, sondern muss auch etwas tun, das ich meine Produkte verkauft bekomme und auch nach wie vor in Zukunft Arbeitnehmende in einem kleiner werdenden Markt bekommen. #00:20:38-3#
Bahar Cat-Krause: Absolut, und da sind wir beim Thema Stakeholder und Strukturierung, Bedarfe. Was sind eigentlich die Bedarfe? Da sind wir auf diesen verschiedenen Ebenen. Also, wenn ich ein produzierendes Unternehmen bin, sind es nicht mehr nur die Produkte, die im Regal sind oder die ich online verkaufe, sondern es geht auch darum, wirklich Nachwuchskräfte anzuwerben. Wirklich, Werbung für sich zu machen, weil die Bedarfe anders sind. Es geht nicht mehr nur darum, Geld zu verdienen, sondern es geht auch darum, Arbeit und Lebenszeit miteinander vereinen zu können und nicht unbedingt direkt dann einen Firmenwagen zu haben, sondern vielleicht auch mal eine Bahncard. Also, das sind jetzt auch nur Beispiele. Aber dass man auch zeigt: Okay, das Unternehmen hat auch wirklich eine Strategie zum Thema Nachhaltigkeit, und ich glaube, dass auch Nachwuchsförderung, Nachwuchskräfte je nach Branche auch wirklich ein sehr sensibles Thema sind. Also, es gibt wirklich bereiche, Logistik beispielsweise, da gibt es kaum Leute, die auf dem Markt sind, die man wirklich akquirieren, anwerben kann. Da muss man schon gucken, dass man eine gewisse Attraktivität dann auch hat. #00:21:40-1#
Tobias Kirchhoff: Ja, und für mich ist dann auch die Frage, und vielleicht kannst du auch aus deiner Erfahrung was dazu sagen, wie bleibe ich zukunftsfähig, was die Qualität der Produkte und auch der Mitarbeitenden angeht? Auf der anderen Seite sind ja Unternehmen in dem Dilemma, die sollen Umsatz steigern und sollen auch den Gewinn steigern, also Wachstumsökonomie. Wie nimmst du das wahr, wenn du mit Unternehmen sprichst? #00:22:03-6#
Bahar Cat-Krause: Ja, also, wenn der Fokus auf Umsatz und Gewinnsteigerung liegt und das Unternehmen sich mit Nachhaltigkeit nicht auseinandersetzt, dann wird dieses Unternehmen noch bestehen, sicherlich, die Frage ist, wie lange noch. Ja, weil einfach ich auch oft sehe, dass da jetzt mal die Lieferkette ja auch Teil des Unternehmens ist. Und wenn ich als Unternehmen eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolge mit Reduktionszielen, dann erwarte ich das teilweise auch von meinen Partnern. Und wenn man als Partner aber irgendwann nicht mithalten kann, sag ich jetzt mal, oder diese Strategie vielleicht nicht so 100 Prozent reinpasst, sehe ich da auch ein Risiko, dass man dann irgendwann einfach nicht mehr am Markt existieren kann, weil diese Themen doch ja immer mehr auch in die, ich sage jetzt mal, Lieferkettenresilienz reinspielen. #00:22:54-4#
Tobias Kirchhoff: Ja, und wie siehst du das? Also, Stichwort Kreislaufwirtschaft, Zirkularökonomie. Da sagen ja im Moment viele, na ja, wir müssen eben raus aus der Wachstumsökonomie und eben in einen Kreislaufökonomie reinkommen. Ist das realistisch? Weil, wenn jetzt ein Unternehmen aussteigt, hat das, glaube ich, ein Problem, weil alle anderen sind ja noch Wachstums- Ich sag mal -gesteuert, aber wie kann sowas gelingen? #00:23:19-7#
Bahar Cat-Krause: Ja, ich meine, das eine schließt das andere ja nicht aus. Also nur, weil ich zirkulär denke, und wichtig ist immer, dass Circular Economy auch mit Sustainability zusammengedacht wird, dann habe ich natürlich wieder eine Chance. Ich kann ja auch Geld vielleicht damit sparen. Natürlich ist es am Anfang, vielleicht hast du höhere Rohstoffpreise, aber wenn auch die Gesetzgebung nachkommt und sagt, hier mehr Kreislaufwirtschaft etc, dann kannst Du ja eigentlich gar nicht anders, als Dich zu transformieren, und diese Transformation muss man einfach anstoßen, und ich glaube, das eine schließt tatsächlich das andere nicht aus, ganz im Gegenteil, der eine Markt schließt sich vielleicht, ein anderer kann sich öffnen, und ich sehe da kein Dilemma. #00:23:57-2#
Tobias Kirchhoff: Wenn uns jetzt der eine oder andere Unternehmer zuhört und sagt, ja, Nachhaltigkeit fand ich schon immer gut, habe ich mich nie intensiv mit beschäftigt. Aber der Erdüberlastungstag war ja jetzt erst, jetzt will ich mal damit anfangen. Was sind so deine Tipps? Womit sollte ein Unternehmen beginnen, um nicht sofort zu verzweifeln? Weil du hast ja gerade auch gesagt, das ist ja ein größerer Umbau. Aber was sind so die ersten Schritte, die man gut gehen kann, wo man auch vielleicht die Belegschaft überzeugen kann und andere Stakeholder, diesem zu folgen? #00:24:35-3#
Bahar Cat-Krause: Der erste Schritt wäre wirklich für mich zu sagen: Okay, was passiert da eigentlich auf EU-Ebene, wenn ich jetzt in Deutschland sitze, was kommen da eigentlich so für Gesetze? Wir haben das Lieferketten-Sorgfaltspflichten gesetzt, die EU arbeitet an einem Gesetz "Right to Repair", es gibt die Green Claims-Regulierung, auf die gewartet wird. Ich würde wirklich tatsächlich mir mal das Umfeld anschauen und gucken, wie entwickelt sich der Markt, was passiert auf politischer Ebene, was sind so die Kundenbedarfe, um dann tatsächlich zu sagen, okay, ich brauche vielleicht ein Team, ein interdisziplinäres Team, idealerweise, die den Auftrag haben, wirklich diese Statusanalyse zu tun. Also, ich drehe mich im Kreis, habe das eben schon gesagt. Wirklich, der Status Quo ist wichtig. Also, wenn man nicht weiß, wo man steht, dann kann man sich auch nicht verbessern, und dann sieht man auch den Wald vor lauter Bäumen nicht. #00:25:25-4#
Tobias Kirchhoff: Wenn du jetzt mal aus dem Wald ein bisschen zurücktrittst und auf unsere Gesellschaft guckst, wir haben es angesprochen, Erdüberlastung vor einigen Tagen. Was stimmt dich hoffnungsvoll, dass wir das schaffen? #00:25:38-7#
Bahar Cat-Krause: Also, ich bin ja erst mal sehr motiviert, also dieser Ruck dieser letzten 5Jahre, dass da nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch wirklich in der Industrie, im Handel , es da so eine starke Bewegung gibt. Ich spüre das ja auch, und ich sehe ja auch, mit wem ich mittlerweile schon über Nachhaltigkeit spreche. Das motiviert mich. Ich glaube, dass wir aber trotzdem immer noch ganz viel Potenzial haben, da noch mehr auch Hand in Hand zu gehen, und ich glaube, was ich noch nicht angesprochen habe, man muss natürlich immer gucken, wie bin ich als Unternehmen aufgestellt, in welche Richtung möchte ich gehen, welche Ziele habe ich. Aber ich muss auch anfangen zu kooperieren. Man muss Verbündete finden, man muss auch sensibilisieren, aufschlauen, man muss wirklich versuchen, da Hand in Hand zu gehen. Ich glaube, dass das Thema Nachhaltigkeit ein ganz großes Potenzial hat, dass Unternehmen und Menschen zusammenkommen, die sich sonst nicht treffen würden. #00:26:38-6#
Tobias Kirchhoff: Liebe Bahar, vielen dank für dieses wunderbare Gespräch. #00:26:45-3#
Bahar Cat-Krause: Danke, tschüß Tobias. #00:26:47-1#
Tobias Kirchhoff: Und an euch da draußen ein herzliches Dankeschön fürs Zuhören. Mein Name ist Tobias Kirchhof, und ich hoffe, ihr kehrt inspiriert und über Nachhaltigkeit nachdenkend und dann ins Handeln kommend, in euren Arbeitsalltag zurück. Bleibt neugierig! #00:27:03-2#
Bahar Cat-Krause: lead:gut, Inspiration für Führungskräfte. #00:27:10-0#
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