Sophia Eltrop - Gute Energie
Shownotes
Klar, für die Produktion von Strom benötigt man jede Menge Kraft. Aber will man „Gute Energie“ verbreiten, braucht’s vielleicht noch etwas ganz anderes. Sophia Eltrop ist Personalvorständin bei Naturstrom, einem Unternehmen, das sich seit 25 Jahren mit erneuerbaren Energien am Markt behauptet. Tobias spricht mit ihr über Shareholder Value, der auf andere als klassische Anleger-Werte setzt und über eine Unternehmenskultur, die ihre positive Spannung aus dem Optimismus schöpft. Wir fragen nach: Braucht es Alternativen zur Wachstumsökonomie? Was hat sich seit der Gründung von Naturstrom vor 25 Jahren verändert? Sind „ethische“ Unternehmen attraktiver für Mitarbeitende?
Maja Göpel https://www.maja-goepel.de/
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00: 00:00Sophia Eltrop: Eine Kultur, die mal da ist, die vervielfältigt sich auch selbst, in dem man Leute sucht, die in diese Kultur reinpassen. Deswegen ist es, glaube ich, auch so wichtig, so eine Kultur wirklich immer bewusst am Leben zu halten. Wenn man sie einmal verliert, ist es wahnsinnig schwer, sie wieder aufzubauen. Vielleicht ist das der Geheimtipp, dass man, wenn man etwas gutes hat, es auch leichter ist, die zu finden, die da reinpassen, als wenn man von vorne anfängt.
00: 00:24Intro: lead:gut, Inspiration für Führungskräfte.
00: 00:30Tobias Kirchhoff: Hallo, ihr hört lead:gut, Inspiration für Führungskräfte, den Management Podcast von TÜV Rheinland. Ich bin Tobias Kirchhoff, und gemeinsam mit meinen Gästen bespreche und hinterfrage ich aktuelle Leadershipkonzepte und -Ideen. Der Deutsche Physiker Hermann Von Helmholtz hat den Energieerhaltungssatz als allgemeingültiges Prinzip formuliert. Er sagte: Energie kann weder erzeugt noch vernichtet werden. Sie kann nur von einer Form in andere Formen umgewandelt und von einem Körper auf andere Körper übertragen werden. Heute leben wir in einer VUKA Welt, also volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig. Themen wie Energiekrise, Energiewende, zu wenig Energie und Zukunft der Energie sind nur einige Schlagworte. Aber wie passt das zusammen? Was ist denn jetzt die Zukunft der Energie, und wie führt man ein Unternehmen, das sich per Definitionem der Zukunft der Energie verschrieben hat? Das möchte ich von unserem heutigen Gast erfahren. Unser heutiger Gast ist Sophia Eltrop, Vorständin IT /Finanzen /Personal bei der Naturstrom AG aus Düsseldorf. Die Naturstrom AG hat circa 500 Mitarbeitende an 13 Standorten und bezeichnet sich selbst als Pionier der Ökoenergie und heute größter unabhängiger Ökostromanbieter in Deutschland. Herzlich willkommen, Sophia Eltrop!
00: 01:48Sophia Eltrop: Ich freue mich sehr. Herzlichen dank.
00: 01:56Tobias Kirchhoff: Welche Rolle spielt Klimaschutz für sie persönlich? Wie grün sind sie?
00: 02:02Sophia Eltrop: Ja, das reiht sich bei mir eigentlich in die gesamte Lebensgeschichte insofern ein, als für mich Klimaschutz gar nicht jetzt ein singuläres, besonderes Thema der letzten 10 Jahre ist, sondern ich bin groß geworden mit einer Mutter aus der Landwirtschaft, die uns Kindern eigentlich früh immer beigebracht hat, im gesamten Leben auf die Natur zu achten. Ich habe lange auf dem Lande gelebt, heute bin ich überzeugte Städterin. Ich lebe einfach gerne in der Stadt, aber ich habe bis heute nicht aufgehört, darauf zu achten, in jedem Jahr, wie die Ernte in welchen Bereichen läuft, ob irgendein Sturm irgendwo Bäume niedergesäht hat, sodass die Forstindustrie Themen hat, wie die Bäume heißen, wie die verschiedenen Früchte heißen, was auf den Märkten angeboten wird. Also, mit diesen Themen und der Betonung bin ich groß geworden, und wenn ich da nochmal ganz kurz die Schleife drehen darf, ich habe deswegen, glaube ich, auch sehr bewusst im Laufe meines Lebens diese ganzen Phasen mitgenommen, wie zum Beispiel in Bochum groß geworden, und irgendwann erzählt meine Mutter, wie toll es ist, dass man die Wäsche raushängen kann und dass sie nicht mehr nach einem halben Tag schwarz ist wie vor zehn Jahren noch, weil die Luft schon wieder sauberer geworden war. Oder man freut sich, wenn dann ein Minister durch den Rhein schwimmt und kriegt ins Bewusstsein, die Flüsse sind plötzlich wieder sauberer. Oder ich fahr mal wieder dahin, wo wir früher auf dem Lande gelebt haben, und sehe jetzt Blumen in den Gräben, die früher durch die entsprechenden Unkrautvernichtungsmittel alle weg gesäht waren. Und der Klimaschutz als Gesamtthema ist ja nur ein Überbegriff für alle diese vielen Themen, die dahinter stecken und die sich eigentlich seit Jahrzehnten weiterentwickelt haben, und zwar nicht nur ins schlechte, sondern auch ins gute. Und ich glaube, das zeichnet uns bei Naturstrom aus, dass wir die Optimisten sind, die sagen, es lohnt sich, hier was zu machen, und es gibt Dinge, die man machen kann, und wir sehen das ganze nicht nur pessimistisch, sondern wir sehen es auch sehr optimistisch.
00: 03:51Tobias Kirchhoff: Deswegen nennen sie sich ja wahrscheinlich auch Naturstrom - Telling Name. Da ist ja die Haltung quasi schon impliziert, dass sie eben nicht nur positiv denken und die Sachen sehen, sondern auch die Guten sind. Oder?
00: 04:05Sophia Eltrop: Dass wir jedenfalls das Gute versuchen, das gute Unternehmen. Ich glaube, den Anspruch haben wir alle. Bei aller Selbstkritik, die hier, glaube ich, auch da ist, die wir alle haben, geht da viel Energie rein, den richtigen Weg zu wählen, um mit dem Verständnis, dass das nicht eine singuläre, einfache Angelegenheit ist, sondern dass es da um Nachhaltigkeit im ganz umfassenden Sinne geht. Wir sind als Unternehmen wirklich nicht nur auf unser Thema Naturstrom ausgerichtet, sondern auf die Nachhaltigkeit in Unternehmensführung, im Umgang miteinander, soziale Aspekte der Nachhaltigkeit spielen genauso eine Rolle wie der eigene Umgang hier täglich vor Ort miteinander, wie eben das Thema, um das es im Namen geht, den Naturstrom als solchen. Ja, das ist ne breite Thematik, ja auch der Umgang mit gesellschaftlichen Ereignissen, wo wir uns hier auch kümmern und hingucken, Hambacher Forst oder was da sonst an Themen immer wieder aufkommt. Da fühlen wir uns verantwortlich, eine Position zu beziehen. Also, das ist ein ganz vielfältiges Thema, und ja, das ist immer die Suche nach dem Guten. Aber wir verstehen auch, dass es eine komplexe Angelegenheit ist. Wir sind hier nicht naiv.
00: 05:12Tobias Kirchhoff: Sie sind ja auch nicht allein auf der Welt, das heißt, sie sind ja auch beeinflusst durch die Welt beziehungsweise beeinflussen ja auch die Welt, und sie haben es gerade angesprochen: Nachhaltigkeit, auch hier in der Organisation. Unser Thema bei lead:gut ist ja immer das Thema Führung. Wie würden sie ihren Führungsstil, ihren persönlichen oder auch den hier in der Firma, den sie haben, Wie würden sie den beschreiben?
00: 05:36Sophia Eltrop: Also, mit den üblichen Worten, wie man führen sollte, will ich jetzt eigentlich gar nicht kommen. Wir, wir diskutieren gerade wieder aktuell intensiv mit unseren Führungskräften, ob wir eigentlich sowas wie eine einheitliche Führungskultur finden. Und ja, einerseits wollen wir das, wollen die modernen Ideen, die es da gibt, alle aufnehmen. Andererseits sind wir aber auch da wieder abgewogen und sagen, situationsbedingt führen ist einfach ein Begriff, mit dem man sich auseinandersetzen muss.
00: 06:03Tobias Kirchhoff: Ja, sie haben ja auch dann noch die Besonderheit, dass sie an 13 Standorten in ganz Deutschland verteilt sind, also in gewisser Weise auch dezentrale Führung. Wie machen sie das?
00: 06:14Sophia Eltrop: Ja, sehr sogar, das ist tatsächlich hier in der Genetik von Naturstrom auch drin, dass man über die Standorte hinweg miteinander immer schon die enge Bindung gesucht hat auf die unterschiedlichsten Arten und weisen, ja, wie machen wir das? also erst mal so das technische: also schon vor Corona gibt es hier eine hohe digitale Affinität, eine tolle IT-Abteilung, die das ermöglicht, digitale Instrumente zu nutzen, und auch jeder, der frisch reinkommt, muss ich erst mal an ganz viele Systeme gewöhnen, und das ist hier fast normal und wird auch nicht zum großen Thema gemacht, und das kriegen dann auch alle irgendwie hin. Aber darüber aus legen wir großen Wert auf Zusammenkünfte, persönliche Zusammenkünfte in unregelmäßigen Abständen, also einmal im Jahr eine Mitarbeitendenfahrt, die wir machen, ist ein Highlight zu dem Viele kommen. Wir achten darauf, dass wir Ereignisse feiern. Das ist ja auch so ein wichtiges Führungsinstrument, und das machen wir hier wirklich immer mal wieder kleine Erfolge feiern, dann immer mal wieder sich die Gelegenheit geben, in unterschiedlichen Konstellationen zusammenzukommen, mal drei Standorte zusammen an verschiedenen Ecken Deutschlands, mal alle Standorte zusammen, mal nur mit einer, Abteilungsfahrten, also, all diese Dinge spielen schon eine große Rolle, und ich glaube, wir kriegen das auch authentisch hin. Also das sind ein bisschen so Sachen, dass wir jetzt hier zu unserem 25 jährigen Geburtstag nach Erftstadt gefahren sind und da gemeinsam Landschaftspflegemaßnahmen gemacht haben. Also, da machen wir viel, da investieren wir eine Menge rein, und das hat immer irgendwas mit uns als Naturstrom zu tun, und deswegen kommt das auch gut an bei den Leuten, die machen alle gerne mit.
00: 07:50Tobias Kirchhoff: Das merke ich ihnen auch an, wie enthusiastisch sie darüber sprechen, so dass es auch sehr, sehr authentisch rüberkommt, dass also Naturstrom nicht nur dafür steht, ein Stromlieferant für Strom aus der Steckdose zu sein, sondern dass da wirklich eine gewisse Haltung auch dahinter steht, die Sachen positiv zu sehen und die Sachen auch anzugehen. Merken sie denn auch, wenn sie neue Mitarbeiter anwerben, dass so etwas hilft und dass sie da auch ein Pfund in der Hand haben im Vergleich zum Wettbewerb, da jüngere oder neue Mitarbeiter begeistern zu können?
00: 08:22Sophia Eltrop: Also, ich stecke da noch nicht so ganz genau drin. Ich glaube tatsächlich, dass wir die Mitarbeiter erst mal bekommen wegen unseres Produkts, dass sie das interessiert. Und ich glaube, dass die Art und Weise, wie wir das dann versuchen, auch in allen anderen Aspekten der Arbeit zu implementieren, eher ein Mitarbeiterbindungsinstrument ist, also dass das dann eher dazu beiträgt, Mitarbeiter zu halten. Denn, ehrlich gesagt, damit winken doch alle. Also ich bin ja viel im öffentlichen Sektor früher unterwegs gewesen. Gerade im öffentlichen Sektor wirbt man auch damit, dass man das kann, dass man das macht, und das ist aber immer meine Kunst, ist dann auch wirklich zu tun. Also zu sagen, ist leicht, weil einem ja heutzutage auch die Worte dafür überall entgegengeworfen werden, wie man zu führen hat, und alle wollen ja auch gut führen. Eigentlich will doch jeder gut führen, aber es wirklich zu tun, ist eben immer eine Kunst, das ist nicht das gleiche, Wollen und Können.
00: 09:14Tobias Kirchhoff: Da bringen sie mich auch auf eine Frage, und zwar, sie haben es gerade selber angesprochen, der öffentliche Sektor, eher ja behördlich organisiert. Wie schafft man das im öffentlichen Sektor? Da kann natürlich Versprechungen machen, dass man sehr offen ist, dass man flache Hierarchien hat. Aber ich stelle mir vor, da gibt es ja vielleicht Unterschiede zu Naturstrom. Wie würden sie das sehen?
00: 09:35Sophia Eltrop: Ja, gewisse Unterschiede gibt es da schon, aber auch nicht überall gleichermaßen. Also erst mal sind die öffentlichen Unternehmen am Ende schon GmbHs und AGs, die eigentlich sich wie in der Privatwirtschaft verhalten können sollen. Und das hängt dann häufig von den Gesellschaftern ab, inwieweit die sich einmischen oder nicht einmischen, was man daraus macht. Und ja, da gibt es natürlich schon eine Neigung, weniger, behaupte ich von der Politik, als vielmehr häufig von den Verwaltungen, die dann die Gesellschafterfunktion ausüben, dass da immer wieder die Gefahr droht, und Ich glaube, so klar darf man das sagen, dass die Verwaltungsdenke auch auf diese Unternehmen oder in diese Unternehmen reingetragen werden. Dann wird es schon schwierig, innovativ und agil zu sein. Dafür haben aber die öffentlichen Unternehmen natürlich die Kehrseite der Medaille. Sie stehen auch immer hinter ihren Unternehmen, und der Gesellschafter steht hinter ihnen und sorgt schon dafür, dass es weitergeht. Das ist ein bisschen anderer Deal miteinander, als der, den wir hier haben. Also unser Deal ist schon ein interessantes Experiment. Wir brauchen ja Leistung. Wir haben als Naturstrom keinen großen Gesellschafter hinter uns, der schon immer fürs Geld sorgt. Wir müssen erfolgreich sein, damit wir so weitermachen können, und das müssen wir jedes Jahr wieder erneut. Also, wir sind auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass die Theorie bei uns auch in der Praxis funktioniert, das fairer Umgang mit Mitarbeitenden auch zu guter Leistung führt. Und das schafft man eben nur, wenn man nicht irgendwelche Phrasen drescht, sondern man immer daran arbeitet, dass man es auch wirklich hinkriegt, diesen guten Umgang mit Mitarbeitern gegen gute Leistungen, dieses Verhältnis richtig hinzukriegen.
00: 11:12Tobias Kirchhoff: Ja, und da stelle ich mir auch vor, dass es da auch ein gewisses Spannungsverhältnis ist, wenn sie sagen, wir sind nachhaltig oder wir haben das Thema Nachhaltigkeit im Blick, sind aber trotzdem Shareholder Value orientiert, also das heißt Gewinn, Profitorientierung, Maximierung. Wie gehen ihre Shareholder damit um?
00: 11:30Sophia Eltrop: Also auch da sind wir was besonderes. Wir haben tolle Shareholder. Natürlich wollen sie den Wert ihrer Einlagen erhalten sehen. Ja, aber wir reden hier nicht von 90er Jahre Shareholder Maximierung, nein, sondern wir reden hier von Aktionären, die auch nachhaltig denken, die uns auch ganz klar immer wieder signalisieren, dass sie langfristig denken. Dass sie wollen, dass das, was wir verdienen, gut wieder eingesetzt wird, dass es seine Früchte trägt und dass es gesamthaft, das Unternehmen funktioniert. Ja, aber natürlich gibt es da eine Untergrenze. Und die Untergrenze heißt, der Wert der Aktie muss auf alle Fälle erhalten werden, und Zukunftsperspektive muss auch immer gesichert sein. Das ist eine Untergrenze, aber das ist keine Maximierung nach je mehr desto besser. Das ist ein bisschen was anderes, also auch von Aktionären, einfach breiter angelegt von dem, was sie von uns erwarten, und den Interessen, die sie in uns haben, und das ist echt schön und das ist was besonderes.
00: 12:24Tobias Kirchhoff: Ja, und vielleicht sind sie da auch schon auf dem halben Weg zu dem wie neue Ökonomen, also zum Beispiel auch unter anderem die Maja Göpel, sagen, wir müssen raus aus der Wachstumsökonomie, also Wachstum um jeden Preis, hin zu dieser zirkulären Ökonomie. Machen sie sich darüber auch Gedanken?
00: 12:42Sophia Eltrop: Ja, klar, weil, genau wie sie sagen, wir versuchen, den Beweis zu erbringen, dass das geht, sinnvoll ist und nachhaltig ist und dass es irgendwie ausgewogen bleibt zwischen den Interessen von allen Beteiligten.
00: 12:55Tobias Kirchhoff: Was tun sie, um das aktiv zu steuern, diese Ausgewogenheit?
00: 12:58Sophia Eltrop: In diesem Raum, in demselben, in dem wir hier sitzen, sitzen wir auch als Vorstand immer wieder zusammen und handeln das immer wieder miteinander aus, diskutieren das aus, und bevor wir diese Diskussion führen, holen wir uns die Meinung aus dem Haus in den verschiedensten Runden, holen wir uns die Feedbacks, holen wir uns die Meinungen, und es ist jedes mal ein neues Aushandeln. Was investieren wir wo rein? Wie gehen wir mit den Kunden um? Wie gehen wir mit den Risiken um am Großhandelsmarkt, denen wir leider noch ausgesetzt sind, weil, wenn nicht allen, Strom selber produziert bekommen? Und wie gleichen wir das aus gegenüber unseren Kunden? Das sind kontinuierliche Aushandelsprozesse mit uns selbst, mit den verschiedenen Interessen. Es erfordert eine gute Diskussionskultur, also die Bereitschaft, auch wirklich diese Diskussionen auszuhalten, ne Weile zu führen, keine Basta-Entscheidungen, auch mal hinzunehmen, dass das eine andere dann dadurch mal ein Bisschen dauert, aber dann einfach besser reift. Und das geht auch wieder nur mit guten Leuten, sonst kommt dann nämlich nichts vernünftiges bei raus, aber die haben wir!
00: 13:57Tobias Kirchhoff: Wenn sie mal außerhalb von Naturstrom schauen, sehen sie da eine Bewegung in der Wirtschaft, dass man auch anfängt, so zu denken, oder sehen sie da nach wie vor hauptsächlich das alte Shareholder Value-Denken?
00: 14:11Sophia Eltrop: Also, einerseits sehen wir eine Bewegung ganz klar. Also, wir haben zum Beispiel tolle Kunden, ja auch Großkunden. Wir haben auch andere, die versuchen, uns nachzueifern oder es so ähnlich zu machen. Selbst bei den Großkonzernen sehen wir hier und da Versuche, das umzusetzen. Aber tatsächlich, ich muss immer wieder betonen, dass alles funktioniert nur mit wirklich guten Menschen, also Menschen, die das wirklich ernst nehmen, die Energie reinstecken. Führen, ist ja auch immer ein bisschen, ist immer so ne Frage, wie viel gibt man wirklich von sich selber rein, und wieviel macht man nach Schema F? Ja, wieviel ist man bereit, sich zu öffnen? Es ist anstrengend, gut zu führen. Das ist nichts, was man so mit links machen kann, und in den Führungspersönlichkeiten Deutschlands gibt es eben diese, die das wirklich hinkriegen, und die anderen, die es nicht hinkriegen. Da gibt es die, die es nur wollen und die irgendwie versuchen, so wie es auf Hochglanzbroschüren aussieht, ohne dass sie verstehen, was alles erforderlich ist dahinter, um es auch wirklich zum Leben zu bringen. Deswegen ja, das ist jetzt eine gesellschaftliche Einschätzung. Wie viele Leute können das eigentlich? Ich sag mal, das ist eine hohe Kunst, das können gar nicht so viele, und ich habe in meinem Berufsleben auch viele Führungskräfte kennengelernt, die sich gar nicht so weit öffnen, dass sie die Anstrengung bereit sind zu Unternehmen, die viel nach Schema F vorgegangen sind, was ich denen manchmal gar nicht übel nehme. Aber es kostet Kraft, sich dem allem zu öffnen und das wirklich anzunehmen. Das ist nicht mit links gemacht.
00: 15:42Tobias Kirchhoff: An dieser Stelle machen wir eine kurze Unterbrechung, die ich für einen Hinweis nutzen möchte. Wenn ihr Fragen, Anregungen oder eigene Themenvorschläge habt, dann schreibt uns gerne eine Mail an leadgut @tuv.com oder besucht uns auf unserer Webseite tuv.com/leadgut und wenn euch unser Podcast gefällt, freuen wir uns natürlich, wenn ihr ihn abonniert oder eine gute Bewertung schreibt oder am besten beides. Das war es auch schon. Weiter geht's mit dem Gespräch mit Sophia Eltrop.
00: 16:16Tobias Kirchhoff: Neben den Führungskräften sprachen Sie ja eben von guten Mitarbeitern, und wir hatten ja eben schon auch kurz darüber geredet, die guten Mitarbeiter auch zu binden. Wie finden sie denn diese guten Mitarbeiter? Dass sie ein attraktives Produkt, eine Marke haben nach draußen ist ja das eine, aber für sie ist dann ja auch wichtig, gute Mitarbeiter ,ist auch die Frage, wie definiert man das, zu finden. Wie kommen sie an die dran? Wie suchen sie die? Wie identifizieren sie diese?
00: 16:40Sophia Eltrop: Also erst mal, wir suchen auch gute Mitarbeiterinnen, das nur nebenbei.
00: 16:44Tobias Kirchhoff: Ja, das würde ich auch mit einschließen. Ja, stimmt.
00: 16:46Sophia Eltrop: Nein, da sind wir so wie alle anderen. Das ist immer eine Kombination aus einer Personalabteilung und einer Führungskraft, die jemanden fürs Team sucht. Da sind wir jetzt vielleicht tatsächlich noch ein bisschen anders in den Gesprächen, die wir führen, in dem Abtasten von Persönlichkeiten, ob die reinpassen ins Team. Aber da tun wir eigentlich nur das, was in der Theorie alle anderen auch tun sollten, und vielleicht machen wir es nur einfach wieder mal ein Stückchen besser. Das kann schon sein. Wir bekommen, glaube ich, Bewerbungen von auch besonderen Menschen, die immer mehr wollen. Also zu uns kommt keiner, der einen Standard F-Job sucht. Das ist schon so, allein von der Bewerberinnen-Auswahl, die wir da haben, und dann glaube ich, ist es aber eben, eine Kultur, die mal da ist, die vervielfältigt sich auch selbst, in dem man Leute sucht, die in diese Kultur reinpassen. Deswegen ist es, glaube ich, auch so wichtig, so eine Kultur wirklich immer bewusst am Leben zu halten, wenn man sie einmal verliert, ist es wahnsinnig schwer, sie wieder aufzubauen. Vielleicht ist das der Geheimtipp, dass man, wenn man etwas gutes hat, es auch leichter ist, die zu finden, die da reinpassen, als wenn man von vorne anfängt.
00: 17:54Tobias Kirchhoff: Sie wissen hoffentlich, dass sie zu einer Gruppe von 18 % gehören, dass sie zu einer Gruppe von Frauen gehören, die nämlich auf Geschäftsführungs- beziehungsweise Vorstandsebene unterwegs sind, und die 18 % ist die Zahl vom statistischen Bundesamt, also Vorstände, sind so 18 % minus von Frauen besetzt. Wie sieht das denn hier bei Naturstrom aus? Sind sie eine Einzelkämpferin? Sind sie alleine unter Männern, oder sieht das hier auch besonders aus?
00: 18:28Sophia Eltrop: Das kann ich ganz schnell beantworten. Das ist hier Mainstream. Also, wir sind wirklich sehr divers und gemischt von unsererer ganzen Mitarbeitendenschaft. In der Altersstruktur eher jung, aber auch da jedes Alter mit dabei. Also was da Vielfalt betrifft, haben immer schon alle hier drauf geachtet, vielleicht gar nicht so sehr drauf geachtet, sondern Spaß dran. Und dass sie jetzt sagen, das ist was besonderes, darüber stocke ich am ehesten. Gut 18 % , statistisch weiß ich auch, 18 %t sind es immerhin schon. Ist das noch was Besonderes, wenn man zu 18 % gehört, oder ist das schon auf dem Weg zur Normalität? Da kann man lange drüber streiten. Ich empfinde es als ganz normal hier, und ich fühle mich überhaupt nicht als Einzelkämpferin, bin ich auch nicht. Im Gegenteil, im Vorstand zu mir zum Beispiel zwei Frauen und ein Mann, und das ist überhaupt kein Thema. Das ist sehr schön. Wir reden hier aber gar nicht mehr darüber.
00: 19:18Tobias Kirchhoff: Ja, aber nach wie vor, wenn man in die Wirtschaft reinschaut, ist das tatsächlich etwas Besonderes, dass ein Vorstand zu zwei Dritteln auch weiblich besetzt ist.
00: 19:28Sophia Eltrop: Ja, ja, ich weiß das ja auch, und ich habe hier auch in diesen Runden gesessen, 60 Männer aus der Energiewirtschaft und irgendwie ich als einzige Frau da. Solche Runden hab ich auch alle hinter mir, kenne ich, ja.
00: 19:40Tobias Kirchhoff: Muss man da als Frau ein bestimmtes Durchsetzungs-Gen haben, wenn man so vielen Männern gegenübersitzt?
00: 19:47Sophia Eltrop: Man muss wieder damit umgehen, dass man unter starker Beobachtung ist, weil natürlich wissen alle meinen Namen dann, und dann wird dann angesprochen: sehr geerte Frau Eltrop, sehr geehrte Herren, ja, also 59 Herren sitzen im Raum und sind nicht individuell angesprochen, aber nach der einen Frau gucken sie sich alle um und schauen, wer ist es, wie sieht sie aus, was hat sie an? Klar, das muss man einfach aushalten können.
00: 20:10Tobias Kirchhoff: Was sollten ihrer Meinung nach Frauen tun, damit wir mehr Frauen in Führungspositionen haben?
00: 20:17Sophia Eltrop: Da bin ich sehr dafür, dass auch die Männer in die Verantwortung mitgenommen werden. Eben nicht Frauen davon zu überzeugen, sich dieser Führungskultur auszusetzen, sondern gemeinsam an einer Führungskultur zu arbeiten, in der Frauen mehr Spaß haben zu sein. Es gibt ja immer diese Debatte, die Frauen halten es halt nicht aus und können das eigentlich gar nicht psychologisch und sonst wie. Es gibt ja auch die einen oder anderen, die einsteigen und aufhören, und das ist dann immer in den üblichen Magazinen ein Riesenthema, dass sie nur kurz ausgehalten haben. Ich gehöre zu denen, die sagen, wir müssen mit den Männern zusammenarbeiten, ganz dringend, und müssen gemeinsam ein Interesse haben an einer anderen Führungskultur, in der es Frauen auch einfach mehr Spaß macht, mitzuarbeiten.
00: 20:56Tobias Kirchhoff: Zurück zu Naturstrom, wenn sie in die Zukunft der Energie blicken, also im Moment sind wir in der Energiewende, auch von der Bundesregierung kommen zahlreiche Anstöße, auch für den Endverbraucher. Wenn sie einen vorsichtigen Blick nach vorne wagen, die nächsten 15 Jahre, wie wird sich dieser Markt entwickeln? Was haben wir zu erwarten? Werden, ich nenne es mal bewusst alternative Anbieter wie Naturstrom, die also mit regenerierbaren Energien und Stoffen arbeiten, werden die stärker werden? Wird das stärker Reinkommen? Wird der Markt sich stärker dezentralisieren? Was sagen sie, wenn sie in die Glaskugel schauen?
00: 21:39Sophia Eltrop: Da mache ich kurz den Schlenker zurück zu dem, was ich am Anfang erzählt habe. Ich habe es halt mitbekommen, wie die Luft im Ruhrgebiet nicht mehr ganz so dreckig war, wie die Flüsse wieder langsam sauber wurden, wie das Baumsterben, jetzt haben wir gerade wieder ein anderes, aber doch zwischendurch auch mal auf eine bessere Bahn gelenkt wurde, weil wirklich viel passierte. Also mein Optimismus ist ungebrochen, dass die ganzen Antworten, die wir im Moment geben, sich durchsetzen werden, und ich meine, die technischen Fragen sind ja nicht die schwierigen. Und wir wissen ja, wie man die Energie aus der Umwelt einsammelt, entweder nach oben über den Wind oder in die breite, Solar-PV-Anlagen oder in die Erde rein, Wasser- und Erdenergie. Also, das sind die drei Himmelsrichtungen , in denen man die Energie holen kann. Also, Technik ist nicht die Frage. In 15 Jahren wird sehr viel passiert sein. Das ist immer so, am Anfang fühlt sich das nicht so an. Die ersten drei Jahre hat man das Gefühl, es geht mühselig voran. In 15 Jahren wird viel passiert sein, ganz unvermeidlich. Da wird uns die Welt auch hinbringen. Es ist doch völlig unmöglich, weiter fröhlich in Urlaub nach Südafrika zu fliegen und den Menschen, die da unten zwischendurch irgendwo Klimaflüchtlinge sind, zuzurufen, wir haben leider kein Geld dafür, auf Erdgas zu verzichten. Tut mir leid, ja, so wird das nicht gehen, das können wir nicht. Der Druck wird steigen von außen, und auch wenn im Moment immer noch viel Zweifel daran besteht, dass das wirklich alles so kommen kann und dass es wirklich alles möglich sein soll, wie sollen wir denn das ganze bezahlen, wird die Realität uns einholen, dass wir gar keine Wahl haben und dass es anders noch teurer wird. Davon bin ich eigentlich ziemlich überzeugt. Also, in 15 Jahren wird das besser sein, wird uns viel Schmerzen gekostet haben zwischendurch, und wir haben diese ganzen gesellschaftspolitischen Fragen, die uns da einholen werden, und die werden uns auch viele, viele Schwierigkeiten bereiten. Also, ich bin eher besorgt, was diese ganzen gesellschaftspolitischen Teilungsdiskussionen betrifft, als die Frage, ob wir dann wirklich diese Energiewende hinbekommen, denn die ist unvermeidbar.
00: 23:37Tobias Kirchhoff: Sie haben ja gesagt, Naturstrom, das ist ja schon was besonderes. Ich nehme mal an, das ist ein besonderer Geist, auch der hier im Unternehmen herrscht. So, wenn sich jetzt jemand überlegt, das ist eine gute Idee, was mache ich denn als erstes?
00: 23:50Sophia Eltrop: Also eins ist ganz wichtig, man muss dabei authentisch sein, bleiben, nicht nur auf sich hören, sondern auch auf einen engen Kreis von Mitarbeitern, die man einfach als Unterstützung braucht, sonst funktioniert es nicht. Und wie sagte ein alter Statistikprofessor von mir: die Natur springt nicht. Ja, es geht nicht schnell. Kulturänderung ist ne verdammt schwierige Angelegenheit, die geht nirgendwo schnell. Nicht umsonst haben wir ja auch 25 Jahre gebraucht, um aus Naturstrom das zu machen, was wir hier heute sind. Da braucht man ein bisschen Geduld und hinhören, hinhören und Unterstützung sammeln, nichts alleine versuchen, weil das braucht viel Kraft, das braucht viel Kraft, und da muss man eine Gemeinschaft finden, die ähnlich denkt. Alleingänge sind, glaube ich, ne Überforderung für jeden einzelnen.
00: 24:39Tobias Kirchhoff: Liebe Frau Eltrop, vielen herzlichen Dank für das Gespräch und an Euch da draußen ein herzliches Dankeschön fürs Zuhören. Das war eine weitere Folge von lead:gut. Mein Name ist Tobias Kirchhoff, und ich hoffe, ihr kehrt inspiriert in euren Arbeitsalltag zurück. Bleibt neugierig!
00: 25:00Outro: lead:gut, Inspiration für Führungskräfte.
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